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#10 Drei „Länder“ in einer Woche

Barbara hatte alle Hände voll zu tun, Flagge hoch, Flagge runter.  Sie musste immer wieder unsere Gastlandflagge wechseln… die Ålands sind nicht wirklich ein eigenes Land, diese gehören zu Finnland, haben aber ihre eigene Flagge. Selbst die Finnen hissen die Gastlandflagge der Ålands wenn sie hier zu Besuch sind.

Sonntag, 21.07.24 – Katanpää – Ankerbucht Nötholmsund – 15 Seemeilen (Finnland)

Der morgendliche Blick aus dem Luk ist enttäuschend: Von der versprochenen Sonne ist nichts zu sehen, wir hängen im Seenebel! Also erstmal Kaffee. Danach sieht die Welt ja immer gleich ganz anders aus – hier auch. Der Seenebel verzieht sich und die ersten Sonnenstrahlen locken uns auf See. Heute wollen wir „zurück“ zu den Ålands.

Im Juni haben wir die Ålands von West nach Ost über den Süden erkundet. Nun wollen wir uns noch den Norden ansehen. Schon im Juni stand „Glada Laxen“ auf der „Bucketlist“, weil das im Hafenhandbuch so schön klang. Nun wollen wir also dorthin. Wir laufen bei strahlendem Sonnenschein aus – Wind Fehlanzeige. Nach der Vorhersage kommt auch keiner mehr. Also muss mal wieder das Dieselsegel raus. Mit moderater Reisegeschwindigkeit von 5 Knoten folgen wir der Route von Navionics durch die kleinen und großen Schären, Felsen und „Fieslinge“. Die Landschaft ändert ziemlich schnell ihr Gesicht. Statt der mit mächtigen Kiefern bewaldeten finnischen Schären, beherrschen hier eher nackter Fels, Krüppelkiefer, Wachholder und Heidekraut das Bild. Dazu ein blauer Himmel mit weißen Wolken am Horizont – das nennt man Bilderbuchszenerie! Wir genießen die Fahrt, auch wenn es unter Segeln natürlich NOCH schöner wäre.

Nach 15 Meilen kommen wir an einer kleinen Bucht an der Schäre „Fiskö“ vorbei, die als Ankerplatz ausgewiesen ist. Kurzentschlossen ändern wir unseren Plan und biegen ab. Der Anker fällt auf 7 Metern und wird in den Grund eingefahren. Er hält sofort. Wir bauen den Elektromotor ans Dingi und Werner erkundet die Möglichkeit, direkt am Felsen festzumachen. Es würde wahrscheinlich gehen, aber da wir keine Bugleiter haben, kämen wir mit einem beherzten Sprung zwar an Land, aber wahrscheinlich nicht wieder an Bord. Also verwerfen wir diese Idee und liegen einfach nur vor Anker – herrlich. Zwar geht die Bucht direkt vom Fahrwasser ab, aber da es mit einer Solltiefe von 2,10 m gekennzeichnet ist, fahren hier nur Boote wie wir – mit viel Schwell ist nicht zu rechnen. Unterdessen ist es richtig warm – geschätzte 25 Grad und Werner geht tatsächlich zur Abkühlung ins 17 Grad kalte Wasser. Hut ab!

Barbara fährt lieber mit dem Dingi an Land auf die unbewohnte Schäre „Kastholm“. Kaum hat sie sich 10 Meter von Jento entfernt, schlägt der Ankeralarm an… Dieser war auf ihrem Handy aktiviert, das natürlich zwecks Fotodokumentation mit an Land musste – Anfängerfehler!

Barbara möchte den Aussichtfelsen erklimmen und schauen, ob es Blaubeeren gibt. Es gibt, und zwar reichlich. Allerdings muss sie schnell feststellen, dass die Blaubeerernte deutlich mühseliger ist als die Erdbeerernte vor einer Woche. Für eine 1.000g Schale braucht es bestimmt eine gute Stunde und dabei wird man von den Mücken malträtiert. Von der Verfärbung der Finger gar nicht zu reden. Aber was gibt es Schöneres, als die Gaben der Natur zu nutzen? Das Gärtnerinnenherz ist glücklich. Nach getaner Arbeit entstehen noch ein paar Fotos vom Aussichtsfelsen mit Jento – der Blick über die Schärenlandschaft ist atemberaubend. Auf dem Rückweg zum Dingi purzeln noch ein paar Himbeeren in die Schale. Werner hat unterdessen einen köstlichen Salat kreiert, der mit den „Gaben der Natur“ noch etwas verfeinert wird. Von den verbleibenden Beeren wird eine Ration für das morgendliche Müsli abgezweigt und der Rest zu Marmelade verarbeitet (die Skipperin hatte in weiser Voraussicht etwas Gelierzucker eingepackt).

Zum Sonnenuntergang machen wir es uns auf dem Vordeck mit einem Rotwein bequem – man kann es schlechter treffen! Vergessen sind die kalten und regnerischen Tage in den finnischen Schären!

Montag, 22.07.2024 – Ankerbucht Nötholmsund – Glada Laxen – 13 Seemeilen (Ålands)

Nachts springt tatsächlich einmal der Ankeralarm an. Der Wind (besser: das Lüftchen) hat um 180 Grad gedreht und Jento brav mit. Das hat den Alarm wohl ausgelöst. Werner macht einen kurzen Rundumblick: alles ok, Anker hält. Die Sonne ist bereits aufgegangen – überall Tautropfen! Werner zückt noch schnell die Kamera, aber dann geht`s zurück in die Koje. Wir brauchen noch Schlaf und begrüßen den Tag mit dem obligatorischen Kaffee erst ein paar Stunden später. Die Sonne scheint von einem wolkenlosen, strahlend blauen Himmel, aber da der Wind aus Ost weht, herrscht im Cockpit leider überwiegend Schatten. Wenn Jento etwas um den Anker schwoit,  freut sich mal Werner, mal Barbara über einen Sonnenstrahl bei der Zeitungslektüre.

Heute wollen wir nun wirklich nach Glada Laxen – ohne Wind heißt das wieder: Motorfahrt. Aber bei dem schönen Wetter und der atemberaubend schönen Landschaft um uns herum, stört uns das gar nicht. Nach 2,5 Stunden sind wir am Ziel und werden von einem freundlichen Hafenmeister empfangen. Da wir vor 12:00 Uhr ankommen, ist der Hafen noch komplett leer und wir haben freie Platzwahl. Auch hier ist die Versorgung mit Landstrom etwas abenteuerlich, aber es funktioniert! Zum Brunch gibt es Müsli mit Blaubeeren und Himbeeren von gestern – ein Genuss! Dann ist Landgang angesagt. Bis 1995 gab es hier eine Seenot-Rettungsstation mit einem Beobachtungsturm, der über gut 180 Stufen zu ersteigen ist. Leider ist er gerade verschlossen und der Hafenmeister samt Schlüssel verschwunden, daher starten wir mit einer Rundwanderung über die Insel Bärö, auf der der Hafen liegt.

Auch hier ist der Weg wieder hervorragend gekennzeichnet. Im Schatten des (Ur-)Waldes kann man es ganz gut aushalten, wären da nicht die Mücken. Zum Glück geht’s nach halber Strecke ans Wasser und im Bogen über die Klippen zurück. Auch hier faszinieren uns die kleinen Biotope, die abwechslungsreichen, glatt geschliffenen Granitfelsen und die Spiegelungen. An einigen Stellen sieht der mehrfarbige Granit fast aus wie ein versteinerter Wasserfall. Hier kommt überwiegend schwarzer, grauer und silber-weißer Granit vor. Doch plötzlich liegen vor uns 4 rote „Granitkugeln“. Es sieht aus, als hätte ein Gletscher sie hier irgendwie verloren.

Der Hafen hat sich während unserer Abwesenheit stetig gefüllt. Es gibt hier ein Restaurant mit gutem Ruf – ein Grund für die Beliebtheit dieses Hafens. Wir erholen uns im Cockpit vor dem Abendessen etwas von den „Strapazen“ des Tages. Heute zaubert Werner ein Überraschungsmenü aus dem, was Kühlschrank und Bilge so zu bieten haben: Bratwurst mit geschmorten Zwiebeln, Möhren-Kartoffelstampf und dazu Tomate Mozzarella. Nach dem Essen nutzen wir die Gelegenheit, dass alle im Restaurant zum Abendessen sitzen und wir die Sauna für uns allein haben. Zwei Saunagänge und ein Bad vom Boot – erfrischend! Anschließend sind wir wieder so weit hergestellt, dass wir den Beobachtungsturm der Rettungsstation erklimmen können. Das ist nichts für Menschen mit Höhenangst. Der gesamte Turm besteht aus Stahlgitter – man kann durch die Stufen hinter auf den Boden sehen. Auch die Aussichtsplattform hat keinen festen Boden. Von oben hat man einen einzigartigen Blick über das Archipel. Nach Osten liegen die Schären recht eng beieinander und sind bewaldet. In Richtung Süden, Westen und Norden öffnet sich das Archipel und die Schären sind flacher und nur kärglich bewachsen. Der Abstieg schickt auch uns ein Kribbeln in die Magengrube – so wirklich hoch ist das Geländer nicht und es schleicht sich der Gedanke ein, was wohl passieren würde, wenn man ins Stolpern kommt…Den Sonnenuntergang genießen wir dann wieder von der Erde aus!

Ein Hafen wie Glada Laxen bietet zwar Annehmlichkeiten wie Sauna, Dusche, WC, Wanderwege und „Sehenswürdigkeiten“, aber es ist auch belebt und dementsprechend unruhig: Hunde kläffen, Leute feiern (heute eine französische Chartercrew), Nachbarn sind sehr nah. Hin und wieder ist das schön, aber wir genießen noch mehr die stille Natur und die einsamen Ankerplätze. Mal sehen, ob wir morgen wieder einen finden!

Dienstag, 23.07.2024 – Glada Laxen – Hamnsundet– 21 Seemeilen

Zur Abfahrt in Glada Laxen lacht die Sonne noch von einem teilweise bedeckten Himmel. Wind wurde leider wieder nicht geliefert. Das leise Lüftchen weht aus Ost und wir versuchen es unter Schmetterling, geben allerdings auf, als die Reisegeschwindigkeit auf 2,1 Knoten über Grund, allerdings nur 1,1 Knoten durch das Wasser abfällt. Eigentlich treiben wir mehr, als dass wir segeln. Vor uns sieht man bereits die angekündigte Regenfront. Wir packen die Segel wieder ein, planen die Route von Ankerplatz auf den nächstgelegenen Hafen um und erreichen diesen nach einer Stunde im Nieselregen. In Hamnsundet begrüßt uns eine Hafenmeisterin, die aufgrund ihrer Sprachmelodie in englischer Sprache weder Finnin noch Schwedin sein kann. Beim Anmelden im Hafenbüro erfahren wir, dass sie aus Italien stammt. Zusammen mit ihrem Mann führt sie den Hafen, einen kleinen Kiosk, einen Wohnmobilstellplatz und eine kleine Autovermietung. Zur nächsten Einkaufsmöglichkeit sind es nämlich 21 Kilometer und ein Bus fährt nicht. Wir haben uns diesen Hafen ausgesucht, weil wir hier tanken können, vielleicht das letzte Mal vor einer möglichen Nachttour in Richtung „Högar Kusten“ (Hohe Küste). Wir wollen nicht nochmals eine geplante Nachttour wegen Spritmangels abbrechen müssen.

Die Regenpause nutzen wir, um uns den wirklich kleinen Ort anzusehen, der leider keinen Naturtrail im Angebot hat. Auf der Landstraße macht das Wandern keinen Spaß – da nehmen wir lieber einen Kaffee samt Kanelbollar (Zimtrolle) bei unserer Hafenmeisterin ein.

Nach dem Abendessen starten wir auf eine kleine Dingitour. Am Hafen führt ein schmaler und flacher Sund zwischen dem „Festland“ und einer vorgelagerten kleinen Insel hindurch. Das sieht wildromantisch aus. Leider entpuppt sich diese Durchfahrt als fast zu flach für unser Dingi. Wir müssen zeitweise den elektrischen Außenborder hochklappen und paddeln. Aber wildromantisch ist es in der Tat und als wir die Engstelle passiert haben, werden wir mit gebügeltem Wasser und in der tiefstehenden Sonne rot leuchtenden Granitfelsen und grüner Kieferkrone belohnt. Wir umrunden die Insel unter Vollbelastung des Motors. Da Barbara auf ihrem Handy unsere Navigationsapp hat, kann sie uns um Untiefen und „Fieslinge“ herumnavigieren.

Insgesamt haben wir eine Strecke von 1,5 Seemeilen zurückgelegt, den Großteil mit Vollgeschwindigkeit von 3,3-3,5 Knoten und dabei ungefähr ein Drittel der Akkuladung „verballert“. Daraus schließen wir, dass wir bei gemächlicher Fahrt eine Distanz von 6-7 Seemeilen mit einer Akkuladung schaffen könnten. Damit sollten wir in jedem Fall auskommen! Uns begeistert dieser Motor und wir denken darüber nach, auch für die Venga in Griechenland von Benzin auf Elektro zu wechseln, zumal wir dort auch über ausreichend Solarenergie verfügen, um selbst am Ankerplatz zu laden. Hier laden wir bisher nur über Landstrom.

Mittwoch, 24.07.2024 . Hamnsundet – Ankerplatz Mattskar – 15 Seemeilen

Wir folgen gern Empfehlungen und hier im Norden der Ålands haben Freunde uns den Ankerplatz „Mattskar“ empfohlen (Danke an die Vicky-Crew). Da auch heute kein Wind im Angebot ist, fahren wir die 15 Seemeilen unter Maschine dorthin. Die Ostsee ist wie gebügelt und der Himmel bedeckt. Teilweise kann man keinen Horizont erkennen, weil Meer und Himmel in der Ferne den gleichen graublauen Farbton haben.

Nach drei Stunden erreichen wir die Ankerbucht. Niklas und Silke haben in ihrer Bewertung des Ankerplatzes auf Navily nicht übertrieben. Man liegt hier sehr geschützt, der Anker hält sofort und es dröhnt die Stille in den Ohren – herrlich! Auch hier geht es mit dem Dingi an Land, denn auf Google Maps sieht es so aus, dass man die Nordspitze der Insel über Felsen kraxelnd umrunden könnte. Die Möglichkeit, unterwegs auf Blaubeeren zu stoßen ist zudem groß.

Kaum haben wir die Insel betreten, wird deutlich, dass hier die Igel-Flechte sehr großflächig vorkommt. Sie bildet kleine, silbergraue, stachelige Kissen, die wunderschön aussehen. Auf einer finden wir einen großen Schuhabdruck – wer weiß wie lange das schon her ist – der Pflanze hat er ziemlichen Schaden zugefügt. Das wollen wir vermeiden und so suchen wir uns Wege durch die Flechten, auf denen wir immer auf Fels oder Stein treten können. Außenstehende hätten sich sicherlich köstlich über unsere teilweise hüpfende Fortbewegung über die Insel amüsiert! Die Nordwestspitze können wir auf diese Weise recht gut erkunden, aber Blaubeeren gibt es hier nicht. Hier wachsen Preiselbeeren und die sind überwiegend noch grün.

Werner zieht es zurück zum Boot, während Barbara mit Hilfe von Google Earth auch die Ostspitze dieser Pfeilförmigen Insel erkunden möchte – hoffend, irgendwo auf Blaubeeren zu treffen. Die Waldabschnitte, die dabei durchquert werden müssen, sind recht undurchdringlich, aber es finden sich tatsächlich Blaubeeren. Allerdings nicht so reichhaltig, wie am letzten Ankerplatz. So bringt Barbara nur eine Handvoll Beeren für das nächste Müsli und diverse Kratzer an den nackten Beinen aus dem Abstecher in den Wald mit an Bord. Auf der Nord-Ost-Spitze befindet sich auf einer flachen Felsflanke ein Steinlabyrinth. Wir haben auf dieser Reise schon mehrfach von solchen Labyrinthen gelesen und Reste auf Kökar gesehen – teilweise sind sie sehr alt. Dieses ist vollständig vorhanden und besteht aus relativ kleinen Faust- bis Kindskopf großen Steinen. Vermutlich ist es wohl jüngeren Datums. Es gibt auf der Insel nämlich auch ein paar Ferienhäuschen, deren Bewohner sich im Sommer vielleicht irgendwie beschäftigen müssen… Von den 4 möglichen Eingängen führt nur einer ins Zentrum – Barbara braucht 2 Anläufe…

Währenddessen kümmert Werner sich an Bord um die Technik. Wir haben uns ein mobiles Solarmodul gekauft, das noch nicht zum Einsatz kam. Auch unsere Campingdusche wird aktiviert, damit nach dem Bad eine warme Dusche auf uns wartet!

Erstmals treffen wir auf dieser Insel auf eine weitere Flechtenart, die aus Moosen und anderen Flechten herauswächst und durch knallrote Blütenkugeln in Fingernagelgröße auffallen. Google hilf uns weiter, sie heißen Scharlach – Becherflechte und sehen sehr putzig aus.

Ein paar 100 Meter weiter zeigt Google Earth einen kleinen Teich im Wald, zu dem es einen Zuweg über mehrere Lichtungen auf Felsuntergrund gibt. Leider ist er nicht so wild-romantisch, wie erwartet, sondern ziemlich verschlammt. Nach knapp 10.000 Schritten über die Insel beendet Barbara die Erkundungstour und ruft sich ihr Wassertaxi in Form von Werner im Dingi. Nach der ganzen „Kraxelei“ durch Unterholz und über Felsen und den dabei unfreiwillig eingefangenen Spinnennetzen steht nun ein Bad an. Die Wassertemperatur liegt zwar deutlich unter Barbaras Wohlfühlgrenze von 20 Grad, aber das hilft nun auch nichts – und eigentlich ist es ganz erfrischend, stellt sie fest! Zumal im Anschluss die warme Süßwasserdusche wartet – welch ein Luxus! Im Anschluss serviert Werner einen Drink mit Appetizern im Cockpit vor dem Hauptgang „Kasspatzen“.

Donnerstag, 25.07.2024  – Ankerplatz Mattskar – Ankerplatz Örskärs – 45 Seemeilen (Schweden)

Der morgendliche Windcheck bestätigt, dass es keine unvorhergesehene Veränderung der Wind- und Wetterlage gibt. Wind soll erst ab 14:00 Uhr kommen. Wir können uns also Zeit lassen mit dem Aufbruch und in aller Ruhe das Dingi an Deck holen und gründlich von unten reinigen. Es folgt uns nun schon seit Wochen und hat von unten einen schleimigen braunen Bewuchs und ein paar sehr merkwürdig aussehende durchsichtige „Glibberwürmer“ mit grünem Innenleben. Was das wohl ist? Geburtsstätte der grünen Algen im Wasser? Wir haben gegoogelt und nicht herausgefunden, was das ist. Vielleicht weiß das jemand von euch?

Gegen Mittag brechen wir auf und nehmen Abschied von den Ålands. Sie haben uns in ihren Bann gezogen mit beeindruckender Natur, traditionellen Festen, schönen Natur Trails, unerwarteten Sehenswürdigkeiten, sympathischen HafenmeisterInnen, einsamen Ankerbuchten, malerischen Häfen, gastfreundlichen Bewohnern und wunderbaren menschlichen Begegnungen.

Vor uns liegt heute ein Törn nach Nordwesten an die schwedische Küste. Wie erwartet muss die ersten 2 Stunden der Motor arbeiten, bevor der versprochene Südwind einsetzt und uns mit einem halbwind bis raumschots Kurs mit 5,5 bis 6 Knoten eine angenehme Reisegeschwindigkeit beschert. Nachdem es morgens noch bedeckt war, reißt die Wolkendecke auf und wir werden im Cockpit „geröstet“. Die Fahrt verläuft ereignislos, und wird mit Hörbuch und Segellektüre verbracht. Zwischendurch gibt es belegte Brote und Kekse für die Stimmung – ganz zufrieden ist der Skipper damit allerdings nicht. Er möchte KUCHEN zur Fika (Kaffee am Nachmittag)!

Unterwegs passieren wir wieder die Zeitzone und unsere Uhren werden eine Stunde zurückgestellt – diesmal kommt das nicht unerwartet. Nun befinden wir uns also wieder in „Heimatzeit“! Wir haben uns eine kleine Ankerbucht an der Insel Örskärs ausgesucht. Nachdem wir den gleichnamigen pittoresken Leuchtturm passiert haben, fällt der Anker in einer Bilderbuchbucht. Nach Nordwesten ist die Bucht offen und bietet freien Blick auf die im Meer versinkende Sonne. Ein paar Wolken sorgen für stimmungsvolle Fotos. Von einem benachbarten Felsen springen ein paar Jugendliche in das 15° Grad kalte Wasser und geben dabei ein sympathisches Kreischen und Schnauben von sich – ganz anders als alle Finnen, die wir beim Baden beobachtet haben – die bleiben dabei total cool. Das war uns unheimlich – bei den Temperaturen!

Freitag, 26.07.2024 –Ankerplatz  Örskärs – Ankerbucht Kuggören – 75 Seemeilen

Die Nacht war unruhig, da der Wind von Südost auf Südwest gedreht hat und dadurch etwas Schwell in die Bucht kam. Auch das Schwoien des Bootes um den Anker haben wir durch das schleifende Geräusch der Kette mitbekommen. Der Anker hat aber gut gehalten. Dank der veränderten Windrichtung scheint die Sonne bereits ins Cockpit und hat die Taunässe schon morgens um 6:30 fast vollständig getrocknet. Nur auf dem Cockpittisch stehen noch Wassertropfen und in ihnen schwimmen Leichen kleiner Fliegen. Die nervigen Viecher haben sich gefühlt zu Hunderten auf unserem Boot niedergelassen und werden von uns unbeabsichtigt beim Betreten des Cockpits aufgescheucht. Es handelt sich dabei um winzige kleine Fliegen, vielleicht 5 mm groß. Die meisten weiß-grünlich, aber auch viele schwarze. Sie sind sehr langsam und somit leicht zu töten, beißen nicht, aber kitzeln auf der Haut, setzen sich auf die Brille und umschwirren den Kopf.

Noch gibt es wie vorhergesagt keinen Wind und so starten wir gegen 7:00 Uhr unter Maschine. Wir wollen versuchen, die Höga Kusten zu erreichen, bevor am Sonntag der Wind kippt und dann längere Zeit aus Norden wehen soll. Dafür müssen wir nun einige Motorstunden erdulden. Die Windvorhersage verspricht zunehmenden Südost Wind ab 14:00 Uhr. Um kurz vor 12 kommt der erste Wind und wir können im Schmetterling segeln, allerdings nur für eine Stunde, dann sinkt die Reisegeschwindigkeit unter 3 Knoten. Bei unserer geplanten Strecke verlängert das den Törn für unser Empfinden zu sehr. Also wird wieder das Dieselsegel gesetzt.

Um den Skipper Wunsch nach KUCHEN zur Fika heute erfüllen zu können und damit die Stimmung auch bei Flaute und Dieselsegel einigermaßen hochzuhalten, kommt die Skipperin auf die Idee, heimlich Vanillepudding zu kochen, der dann zusammen mit selbstgemachtem Apfelmus auf Mürbeteigtörtchen zum Kaffee serviert werden kann. Der Skipper ist begeistert!

Gegen 23 Uhr kommen wir in der ausgewählten Ankerbucht an und finden dank Suchscheinwerfer auch die Mooringboje des schwedischen Kreuzervereins. Am Ufer der Bucht befindet sich ein kleines Fischerdorf, in dem noch ein paar Lichter heimelig leuchten. Wir sind kaputt von einem Tag, an dem wir eigentlich nur herumgesessen haben – wie kann das sein!?!

Glücklich in der Koje eingekuschelt stellen wir fest, dass wir uns mit zu kurzer Leine an der Mooringboje festgemacht haben. Sie schlägt unrhythmisch an den Bug. Werner erbarmt sich und krabbelt nochmals aus der Koje und  korrigiert den Fehler.

Samstag, 27.07.2024 – Ankerbucht Kuggören – Hänösund – 62 Seemeilen

Der Wecker klingelt um 7:00 Uhr. Wir wollen weiter Strecke machen in Richtung Norden. Doch erstmal gibt es den Morgenkaffee im Cockpit. Bei Helligkeit sehen wir nun, dass wir wieder vor einem „Saltkrokan-Ort“ geankert haben, Kuggören sieht sehr idyllisch aus und das, was wir zur Insel in Erfahrung bringen, klingt auch so. Vielleicht schauen wir auf dem Rückweg nochmal mit etwas Zeit vorbei.

Das Ablegen von so einer Mooring ist total unproblematisch: Leine durchziehen und gut. Kein Anker, der noch gereinigt werden muss, keine Fender zu verstauen und nur eine Leine muss aufgeschossen werden. Auch heute ist so gut wie kein Wind vorhergesagt, wir kommen gerade mal auf eine Stunde Segelzeit mit 4 Seemeilen, die übrigen 58 Seemeilen läuft die Maschine.

Im Gegensatz zu gestern fahren wir aber heute mit mehr Küstennähe und sehen tatsächlich ein paar andere Schiffe und den Wechsel der Landschaft. Aber viel wichtiger: wir haben durchgängig Internetverbindung und können googeln was das Zeug hält! Auf solchen Touren halten uns außerdem unsere Hörbücher bei Laune. Heute erstellt der Skipper zudem eine To-Do-Liste für die Winterarbeiten an Jento und eine Vorbereitungs-To-Do für Venga in Griechenland. Es ist den ganzen Tag bedeckt, erst zum Einlaufen in Hänösand kommt die Sonne etwas heraus und es entstehen ein paar schöne Wolkenbilder.

Hänösand empfängt uns wenig einladend. Neben uns gibt es nur noch ein schwedisches Gastboot, bezahlt wird über eine App, die Sanitäreinrichtungen sehen wenig einladend aus. Aber es gibt Strom und Wasser am Steg, eine Bootstankstelle und wir haben nahezu direkt vor einem Lidl festgemacht. Das ist auch der Grund, warum wir Hanösand als Ziel ausgewählt haben: Wir müssen die Vorräte aufstocken und brauchen Diesel! Der Skipper hat heute aus den letzten frischen Zutaten eine Piratenpfanne mit ordentlich Knoblauch gezaubert, die wir bei tiefstehender Sonne im Cockpit verzehren, bevor wir zu einem kurzen Rundgang durch den Ort starten. Auf dem Lidl-Parkplatz trifft sich anscheinend gerade der ortsansässige Oldtimer-Club. Hier stehen ca. 15 alte Ami-Schlitten in unterschiedlich gutem Zustand und ordentlichem Sound, die abwechselnd durch den Ort cruisen und dabei eine kräftige Abgaswolke hinterlassen. Es gibt einen kleinen ursprünglichen Stadtteil, der ganz hübsch aussieht und eine mächtige Domkirche, denn Hänösand ist Bischofssitz. Die umgebende Landschaft sah beim Einlaufen sehr abwechslungsreich aus: stattliche Felsen, Geröllfelder wie Gletscherzungen, feine Sandstrände und großflächige Wälder. Hier beginnt die „Höga Kusten“. Davon lest ihr dann im nächsten Bericht!

4 Antworten

  1. Hallo ihr beiden Abenteurer,
    die grünen Glibberwürmer hatten wir in nicht ganz so schöner Ausprägung an der Badeleiter und ich habe sie sofort entfernt da ich Angst hatte dass sie die Vicky komplett überzieht.
    Toller Reisebericht, Mal wieder viel gelernt.
    Ich hoffe ihr bekommt mehr Wind und könnt das Dieselsegel pausieren lassen.
    Gute Weiterfahrt und bis bald.
    Liebe Grüße Niklas und Silke

    1. Liebe Vicky-Crew,
      Danke für eure positve Rückmeldung zu Bericht und Bildern – das freut uns riesig!
      Die letzten beiden Tage war leider wieder kein Wind. Aber heute geht es nur unter gereffter Genua mit 5,5 bis 6,5 Knoten in Richtung Süden! Euch weiterhin eine gute Heimfahrt! Wir lesen euch auf Journi????????‍♀️????????‍♂️????????⛵️

  2. Wie immer toll geschrieben und klasse fotografiert. Man hat das Gefühl, dabei zu sein. Und wir sind überhaupt nicht neidisch, kein bißchen. Nein, nein.
    Im Ernst, wir freuen uns für euch und warten auf den nächsten Bericht.
    LG H&T

    P.S. und bitte pünktlich zum Sonntagsfrühstück.
    P.S.2 die Ausrede mit dem schlechten Internet geht nur einmal.????

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