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#21 Sturm, zwei Kaps und Karibikfeeling

Auf unserem Weg von Monemvasia am Argolischen Golf nach Kalamata im Messinischen Golf, müssen wir die beiden südlichen Spitzen der mittleren Finger des Peleponnes umrunden: das Kap Maleas und das Kap Tenaro. Statt des gerade abgewetterten Sturms erwartet uns nun weitgehend Flaute und die Maschine läuft fast durchgängig. Tatsächlich stört uns das hier nicht so sehr, wie auf Jento, weil die Maschine zum einen viel leiser läuft und zum anderen dabei nun auch wieder heißes Wasser produziert 😉

Samstag, 23.11.2024 – Marina Monemvasia – Hafentag

Hier geht’s zur Wanderung: https://www.komoot.com/de-de/tour/1964799772

Für das Wochenende ist Sturm aus Nord-Nord-Ost angekündigt. Daher verholen wir noch vor dem Morgenkaffee an die Außenpier. An unserem Liegeplatz mit beleuchteter Landbahn würde uns der Wind voll auf die Pier drücken. An der Außenpier erhoffen wir uns etwas mehr Schutz und liegen mit der Nase im Wind. Wir bringen an Steuerbord alle Fender aus und zusätzlich zu den Bug- und Heckleinen noch drei Springleinen mit Dämpfern. Auch andere Boote verholen sich im Hafen. Alle haben den Wetterbericht im Blick und versuchen vorzusorgen. Noch ist es aber verhältnismäßig ruhig, denn noch weht es aus Nordwest. Nach dem Morgenkaffee holen wir unseren Leihwagen ab, denn heute wollen wir einen Roadtrip in den Süden der Halbinsel machen. Das Navi schickt uns über Serpentinen in die Höhe und über einen Pass auf der anderen Seite wieder hinunter nach Neapoli. Dort gibt es eine breite Beton-Pier für die Fähre und die Küstenwache. Aber auch Yachten können hier festmachen. Heute steht allerdings der Wind direkt auf die Pier. Die Wellen haben aus Nordwest richtig Platz sich aufzubauen, schlagen an die Pier und werden von ihr reflektiert. Das Wasser scheint zu kochen! Gut, dass wir hier NICHT liegen!

Wir fahren weiter in Richtung Süden, bis die asphaltierte Straße endet. Hier gibt es einen kleinen Parkplatz und ein Informationszentrum, denn hier hat man versteinerte Palmen und Bäume gefunden (und konserviert), die man sich ansehen kann. Wir sind ganz allein und können in aller Ruhe bei sommerlichem Wetter die Reste der versteinerten, bis zu einem Meter hohen Palmen und Bäume ansehen. Die Stämme sind überwiegend hohl, nur die äußeren Teile sind versteinert und teilweise sind noch die Adern unter der Rinde erkennbar. Die meisten stehen dicht am Meer und haben eine Verbindung zur Brandung. Die anrollenden Wellen sorgen für gruseliges Gluckern und manchmal spritzt es aus den hohlen Stämmen heraus. Wir sind in dieser einzigartigen Szenerie gefangen – damit hatten wir nicht gerechnet!

Eigentlich wollten wir hier nur eine Wanderung zum Kap Maleas machen. Nachdem wir uns von den versteinerten Bäumen endlich losreißen können, machen wir uns auf den Weg, der mit einer Länge von 6 Kilometern (einfache Strecke) angegeben ist. Ungefähr die halbe Strecke führt über einen unbefestigten Fahrweg, weist eine moderate Steigung auf und ist gut zu gehen. Dann beginnt der eigentliche Wanderpfad, der sich eng an der steilen Küste entlang schlängelt – teilweise geht es neben uns 60 Meter steil in die Tiefe und da unten peitschen die Wellen den Fels. Zum Glück sind wir beide schwindelfrei und trittsicher und haben heute auch die festen Wanderschuhe gewählt. Die Sonne scheint von einem blauen Himmel und als wir uns nun an der Südküste befinden, wandern wir zu großen Teilen im Windschatten der Berge. Uns wird immer wärmer – der Weg fordert uns ganz schön, denn wider Erwarten verläuft er nicht auf einer Höhe, sondern es geht immer wieder hoch und runter. Aber die Ausblicke und die Landschaft entschädigen für die Anstrengung. Von hier kann man auch gut sehen, warum das Kap Maleas von Seglern gefürchtet ist. Im Argolischen Golf und bis zum Kap Maleas dominieren die Winde des Meltemi mit einer Nordöstlichen Windrichtung. Hier rollt daher bei nördlichen Winden die Welle aus dem Argolischen Golf parallel zur Küste nach Süden. Der Lakonische Golf auf der anderen Seite des Fingers steht schon mehr unter dem Einfluss westlicher Winde und heute weht es dort eher aus Nordwest und bringt somit ebenfalls eine Welle, die parallel zur Küste läuft. Am Kap treffen beide Wellensysteme im spitzen Winkel aufeinander und bilden eine unangenehme Kreuzsee. Auch die Windrichtung ist hier schwer einzuschätzen und sehr stark wechselnd . Wir beobachten einen Segler, der aus dem Argolischen Golf kommend das Kap runden möchte und hier an der Südküste nicht den erwarteten Halbwindkurs segeln kann, sondern kreuzen muss und dabei denkbar schlechte Wendewinkel erreicht, weil die Strömung ihn immer wieder zurückschiebt.

Wir waren nicht darauf eingestellt, so viel Zeit bei den versteinerten Bäumen zu verbringen und hatten nur für jeden eine Banane und auch zu wenig Wasser dabei. Langsam wird uns flau und so beschließen wir, den Weg nicht ganz bis zum Ende zu laufen und kehren beim verlassenen Kloster Agia Irina um. Der Rückweg kommt uns dann viel kürzer vor – da hätten wir das letzte Stück auch noch schaffen können…

Als wir nun glücklich, aber erschöpft wieder am Auto ankommen, ist unser einziges Interesse, irgendwo an Wasser zu kommen. Ein Wegweiser führt uns zu einer weiteren Sehenswürdigkeit, dem Hafen Profitis Ilias. Wir hoffen, dort zumindest Wasser kaufen zu können – Fehlanzeige, der Ort wirkt völlig verweist und das Navi schickt uns über extrem enge Wege. Wir beschließen ohne Navi den Weg zurück nach Neapoli zu nehmen. Dort haben wir einen Supermarkt gesehen und reichlich Tavernen an der Uferstraße. Als erstes gibt es dort reichlich Wasser und nebenbei erledigen wir noch unsere Einkäufe. Dann setzen wir uns in eine kleine, sehr saubere Taverne und bestellen griechischen Salat, Brot und Tzaziki zur Vorspeise und anschließend Fleischbällchen in Soße und Lammhaxe. Alles ist einfach großartig, wie wir von der Bedienung erfahren, kocht ihr Mann – und er kocht richtig gut. Am Ende staunen wir bei der Rechnung, wir sollen nur 24€ bezahlen. Schnell stellt sich heraus, dass statt 8€ nur 0,80€ für den Salat in Rechnung gestellt wurden. Die Differenz zahlen wir gerne – es war trotzdem das günstigste und beste Essen, das wir bisher hier eingenommen haben!

Auch den Rückweg machen wir ohne Navi und finden eine deutlich kürzere und weniger kurvenreiche Strecke als auf dem Hinweg. Zurück am Boot, stellen wir fest, dass der Wind tatsächlich nördlicher gedreht hat, allerdings noch den östlichen Einschlag vermissen lässt. Es steht eine unangenehme Welle in den Hafen und die Boote an der Pier tanzen, obwohl der Wind mit 20-25 Knoten noch weit von dem entfernt ist, was vorhergesagt ist. Er nimmt dann aber stetig zu (wir sehen 40 Knoten, es wurde noch mehr), was dazu führt, dass Venga! ganz fürchterlich an den Leinen reißt. Barbara versucht das abzustellen, indem sie Venga! mal fester einbindet, ihr dann wieder etwas mehr Spielraum gibt. Nichts nützt und so wird es eine sehr unruhige Nacht mit mehrmaliger nächtlicher Kontrolle von Fendern und Festmachern mit Taschenlampe. Denn hier an der Außenpier gibt es gar kein Licht – die Dunkelheit macht es noch gruseliger! Unter Deck verstärken sich die Geräusche: Knarzende Festmacher, klatschende Wellen und stöhnende Klampen sind keine Gute Nacht Musik!

Sonntag, 24.11.24 – Marina Monemvasia – Hafentag

Wir sind ziemlich gerädert. Nach dem Morgenkaffee gehen wir auf die Pier und kontrollieren erneut den Zustand von Leinen und Fendern. Dabei treffen wir auf andere Segler. Vor uns liegt die 7Seas und Regina und Klaus haben genauso wenig Schlaf bekommen, wie wir. Auch sie haben nachts mehrere Rundgänge absolviert und verschiedene Versuche gestartet, um die Bewegungen des Bootes zu verringern. An der Pier, ab der wir bis gestern lagen, scheint das Hafenwasser zu kochen. Die Entscheidung, zu verholen war zumindest richtig! Wir machen einen Rundgang durch den Hafen. So sehr der Sturm auch an den Nerven zerrt, was er mit dem Wasser macht, ist auch beeindruckend (schön).

Gegen Mittag brauchen wir dann mal eine Pause vom „Geschauckel“ und vom Lärm. Mittlerweile hat sich der Wind zwar etwas abgeschwächt und liegt nur noch bei 28 Knoten, aber die Welle steht unvermindert. Also machen wir einen Spaziergang am Wasser und durch den Ort und verabreden uns anschließend zum frühen Abendessen mit der Crew der 7Seas (Bayern und Nordlichter – das passt!). Wir brauchen Nervennahrung und Alkohol! Nach einem rundum schönen Abend, der bei einer guten Flasche Rotwein im beheizten Salon der 7Seas mit entspannten Gesprächen endet, verkriechen wir uns für eine weitere unruhige Nacht in unsere Koje.

Kleiner Exkurs zum Thema „Krokus versus Herbstzeitlose“ (wen das nicht interessiert bitte überspringen)

Bereits im letzten Bericht und auch in Barbaras Status waren immer wieder Fotos von „Krokusgewächsen“ zu finden. Die Community hat fleißig diskutiert, ob es sich bei den hübschen fliederfarbenen Blümchen um Krokusse oder um Herbstzeitlose handele. Da sah Barbara sich genötigt, etwas tiefer in die Materie einzusteigen und stellte fest, dass sie schon beides fotografiert hatte. Tatsächlich ist eine Unterscheidung nicht, wie von ihr angenommen, anhand des vorhandenen Blattes, das gleichzeitig mit, deutlich vor oder kurz nach der Blüte erscheint, möglich. Vielmehr muss man einen Blick in die Blüte werfen und kann dann die Unterscheidung anhand der Staubgefäße vornehmen: der Krokus hat drei und die Herbstzeitlose sechs. Barbara hat neben den fliederfarbenen Krokussen, fliederfarbenen Herbstzeitlosen, weißen Krokussen auch gelbe Krokusse fotografiert, die sich Steinbergia nennen. Hier nochmals für die interessierten Leser und Leserinnen eine Fotozusammenstellung.

Montag, 25.11.2024 – Monemvasia – Ankerplatz Ormos Sarakiniko Elaphonisos (36°28,024’N – 22°58,477’E) – 30 Seemeilen

Als wir die Augen öffnen, ist der Wind ausgeschaltet und die Schiffsbewegungen sind bedeutend ruhiger geworden. Heute soll es weitergehen – leider unter Maschine – aber wieder entlang der fantastischen Ostküste, die hier im Süden extrem dünn besiedelt ist. Das Kap Maleas präsentiert sich uns absolut friedlich und wir können nun von See aus gut unsere Wanderroute vom Samstag verfolgen. An einigen Passagen wird jetzt erst deutlich, wie steil es neben dem Weg in die Tiefe geht!

Nach dem Passieren des Kaps wenden wir uns westwärts mit einem leichten nördlichen Einschlag. Unser heutiges Ziel ist Elaphonisos, eine sichelförmige Insel mit fantastischen Sandstränden. Bei den vorherrschenden schwachen Winden aus nördlichen Richtungen, ist die große, nach Süden weit geöffnete Ankerbucht Ormos Sarakini unser Ziel, das wir am Nachmittag erreichen. Wir haben die Bucht für uns allein – keine weiteren Ankerlieger. Am Strand sehen wir ein paar Menschen, die vermutlich zu den Wohnmobilen gehören, die wir ebenfalls ausmachen. Das Wasser ist klar und türkisfarben – geradezu karibisch. Wir überlegen kurz, ins Wasser zu springen, das hier noch 18 Grad hat. Aber die Sonne steht schon tief und der leichte Nordwind ist kalt. Da würden wir sogar unter der warmen Dusche auf der Badeplattform frieren. Also entscheiden wir uns lieber für einen Strandspaziergang und erleben magische Momente zur sinkenden Sonne. Aber auch hier wird es schnell kalt und so fahren wir zurück, um im Cockpit unter der Sprayhood die letzten warmen Sonnenstrahlen und ein Ankerbier zu genießen. Sobald die Sonne im Meer versunken ist, sinkt die Temperatur rapide und wir verziehen uns in den Salon. Smutje Werner verzieht sich in die Pantry zur Essensvorbereitung,  heute gibt es ein Chickencurry! Den Abend verbringen wir bei Hörbuch und Foto-Sortier-Arbeiten. Es ist unfassbar, wieviel Fotomaterial schon wieder zusammengekommen ist. Da muss aufgeräumt und weggeworfen werden!

Dienstag, 26.11.2024 – Ankerplatz Ormos Sarakiniko Elaphonisos (36°28,024’N – 22°58,477’E) – Ankerplatz Porto Kagio (36°24,025’N – 22°29,162’E) – 28 Seemeilen

Wir hatten eine absolut ruhige Nacht. Da Elaphanisos nicht allzu hoch ist, erreichen uns am Ankerplatz schon früh die ersten Sonnenstrahlen. Das begrüßen wir sehr, denn nachts messen wir unterdessen nur noch knapp zweistellige Temperaturen und dann wird es im Salon schon frisch. Wegen der Anschlussproblematik „Abgasschlauch“ ist die Dieselheizung noch nicht montiert und wir heizen morgens mit dem Gaskocher etwas ein. Da hilft es, wenn die Sonne schon um 7:15 Uhr in den Salon scheint. Die großen Fenster fangen sie sofort ein und verwandeln sie in Wärme. Nach Kaffee zur Zeitung holen wir den Anker hoch. Aber eins ist sicher: wir kommen wieder, um diese Insel mit all ihren Buchten richtig zu erkunden und hier im türkisfarbenen Wasser zu schwimmen!

Auch heute weht kein bzw. zu wenig Wind (4 Knoten von achtern). Und da wir den Lakonischen Golf kreuzen und bei Tageslicht ankommen wollen, müssen wir schon gern mit 5 Knoten im Schnitt unterwegs sein. Unter Maschine fahren wir 6-6,5 Knoten, so hoffen wir, am Ziel noch einen Landspaziergang zum Kap Tenaro machen zu können. 6 Seemeilen vor der Küste dreht der Wind auf West und frischt deutlich auf. Er wäre nun zwar segelbar, kommt aber direkt von vorn und wegen unseres Zeitplans bleibt es bei Maschinenfahrt. Als wir gegen 14:00 Uhr unsere Zielbucht erreichen, müssen wir feststellen, dass der Ankergrund tatsächlich sehr schwierig ist. Der Anker hält erst im dritten Anlauf, wobei uns dann aber beim Schwoien hinter dem Boot gerade mal eine Bootslänge von den schroffen Felswänden trennt. Es fühlt sich nicht gut an, das Boot hier allein zu lassen. Außerdem haben wir sehr schlechten Netzempfang und haben in einer Stunde einen Telefontermin mit unserer Bank – auch unterwegs muss man ja seine „Privatbürokratie“ regeln! Wir beschließen, in die nächste Ankerbucht zu fahren: Porto Kagio. Den Bewertungen in Navily entnehmen wir, dass auch in dieser Bucht der Ankergrund nicht ganz einfach ist, aber es ist recht gut beschrieben, wo sich auf ca. 5 Metern Tiefe gute Sandflecken finden lassen. Es sind nur gut 3 Seemeilen und wir sollten es vor 15:00 Uhr zum Termin mit der Bank schaffen. Porto Kagio macht es uns einfach. Der Anker greift beim ersten Versuch dich unter Land – aber Netzabdeckung haben wir auch hier nicht!

Die Bucht ist von hohen und steilen Bergen umgeben, die uns „eigentlich“ vor dem aufgefrischten Westwind schützen sollte. Das ist nur bedingt der Fall. Es kommen immer wieder kräftige Fallböen am Boot an. Da wir aber keine Welle haben, fühlen wir uns trotzdem wie in Abrahams Schoß. Wir beobachten vom Boot aus das spärliche Leben an Land – viele Menschen sind nicht zu sehen. Wir sind nun auf dem mittleren der drei großen Finger des Peleponnes angekommen und uns fallen sofort die eigentümlich wirkenden Gebäude ins Auge. Jedes Dorf sieht aus wie ein Kastel – sehr wehrhaft. Dabei verschmelzen die Gebäude fast mir den Felsen, da sie alle aus Naturstein gebaut und unverputzt sind.

Die Sonne verschwindet früh hinter den hohen Bergen und wir verziehen uns in den Salon. Werner zaubert einen leckeren Kohleintopf und Barbara widmet sich dem Bericht. Schnell stellen wir fest, dass uns das Internet fehlt: nichts kann man mal schnell nachschlagen, keine Einkäufe für Bootsarbeiten planen, keine Bilder verschicken oder Whatsapp-Nachrichten öffnen. So bleibt der Bericht „erstmal“ lückenhaft und statt Videoabend gibt es heute einen Spieleabend mit „The Game“.

Mittwoch, 27.11.2024 – Ankerplatz Porto Kagio (36°24,025’N – 22°29,162’E) – Ankerplatz Piros Dirou 36°38,388’N – 22°22,734’E) – 23 Seemeilen

Hier geht’s zur Wanderung: https://www.komoot.com/de-de/tour/1968473863

Anmerkung: die Aufzeichnung der Wanderung wurde versehentlich erst auf See beendet 😉

Am frühen Morgen hat ein leichter Schwell den Weg in die Bucht gefunden. Das und das zeitige Zubettgehen sorgen dafür, dass wir schon früh unseren Morgenkaffee einnehmen. Im Anschluss starten wir auf einen Landausflug. Wir wollen uns die hier auf der Halbinsel Mani so typischen Wohntürme aus der Nähe ansehen. Über unserem Ankerplatz haben wir gleich zwei Dörfer mit diesen eigentümlichen Gebäuden ausgemacht. Uns begleitet mal wieder ein Straßenhund auf unserer Wanderung.

Die Landschaft im Süden der Mani ist karg und einsam und in der Vergangenheit wurden zwischen einzelnen Familien und benachbarten Dörfern hartnäckige Fehden ausgetragen. Blutrache gehörte zur Tagesordnung und nur zur Zeit der Aussaat, der Ernte und bei Todesfällen wurde ein kurzer Waffenstillstand eingehalten. Sollten allerdings Feinde von außen versuchen, das Land einzunehmen, so schlossen sich die „Manioten“ zusammen. Durch ihre kriegerische Haltung konnten sie sich jeder Unterdrückung erwehren. Das unwegsame Gelände im Süden unterstützte sie dabei. Ihre Häuser bauten sie zu wahren Wehrtürmen mit Schießscharten und kleinen Fenstern aus. Viele liegen zudem erhöht, was es den Bewohnern erleichterte, anrückende Feinde frühzeitig zu sehen.

Viele dieser Wohntürme (auch Geschlechtertürme genannt) verfielen über die Jahre und viele Dörfer starben nahezu aus. Nur noch die Alten blieben zurück. Aber in den 1990er Jahren entdeckte man den Wert der Wohntürme für den Tourismus. Viele sind unterdessen restauriert und zu Hotels oder Ferienwohnungen ausgebaut. Sie bieten aufgrund ihrer Lage oftmals atemberaubende Ausblicke auf das Meer und die karge Landschaft. Auch die beiden Dörfer, die wir uns ansehen, liegen ziemlich verlassen da. Aber das liegt an der Nachsaison. Man kann deutlich erkennen, dass sie saniert wurden. Teilweise verfügen sie über Dachterrassen in schwindelerregender Höhe, die nur über außenliegende Treppen zu erreichen sind. Teilweise werden sie von hohen Mauern eingefasst, hinter denen wir blühende Gärten erahnen können.

Nach einem strammen Marsch von 10 Kilometern erreichen wir wieder unser schwimmendes Zuhause. Von oben kann man gut erkennen, dass wir den Anker zielsicher auf einen Sandflecken zwischen zwei Felsplatten platziert haben. Daher hat er auch gleich so gut gehalten! Mit dem Dinghi geht es zurück zur Venga!. Dort wird aufgeklart, das Dinghi samt Außenborder am Geräteträger aufgehängt und festgezurrt und dann der Anker gelichtet. Leider gibt es auch heute wieder keinen Wind und so laufen wir entlang der schroffen Ostküste der Mani südwärts, umrunden das Kap Tenaro, das nach dem Kap bei Tarifa der zweitsüdlichste Festlandspunkt Europas ist und wenden uns dann wieder Richtung Norden. Unser heutiges Ziel ist die Ankerbucht Piros Dirou. Bis dahin geht es entlang an senkrecht ins Meer stürzenden Felsen mit Höhen von 200 bis knapp 300 Metern Höhe. Wir fühlen uns winzig! Unterwasser setzt sich diese Geländestruktur weitgehend fort. Bei einem Abstand von nur einer viertel Seemeile zur Küste, verzeichnet die Seekarte Tiefen von 50 bis 200m Tiefe – die Ostsee ist dagegen eine Pfütze! Die durchschnittliche Tiefe der Ostsee liegt bei 55 Metern, ihre tiefste Stelle ist 459m tief. Das Mittelmeer hat dagegen eine durchschnittliche Tiefe von 1.430m und der tiefste Punkt liegt bei 5.109m – unvorstellbar!

Während der ganzen Tour begleitet uns eine ordentliche Dünung. Venga! rollt von einer Seite auf die andere. Navily behauptet, dass der nach Westen offene Ankerplatz nur eine Welle von 15 bis 20cm haben soll. Das können wir uns schwer vorstellen. Da es auch heute Nacht windstill sein soll und in der Ankerbucht guter Ankergrund vorhanden ist, machen wir uns aber keine Sorgen, dort nicht sicher zu liegen. Wir kommen am frühen Nachmittag an und sind wieder das einzige Boot. Am Ufer die unvermeidlichen Wohnmobile. Es ist sommerlich warm und die Wassertemperatur liegt bei knapp 19 Grad. Bevor wir aber ins Wasser springen können, steht eine Telefonkonferenz und ein kurzer Landgang an. Das Wasser ist glasklar und wir können gut die Lage des Ankers kontrollieren und den sandigen Meeresboden bis kurz von dem Ufer bewundern. Erst kurz vor dem Ufer ist er übersäht von großen, rundgeschliffenen weißen Steinen. Auch der Strand besteht aus ihnen und wird daher der „Dinosaurier-Ei-Strand genannt. Die Wohnmobile tragen zu 90% deutsche Kennzeichen, nur eines kommt aus der Schweiz. Der Peleponnes scheint uns ein Eldorado für WoMos zu sein! Auch hier gedeihen Unmengen an Krokussen (ja, diesmal habe ich die Staubgefäße genau betrachtet). Sie wachsen bis dicht ans Meer und werden von uns natürlich wieder abgelichtet, bevor wir zum Boot zurückfahren. Unterdessen hat Venga! sich quer zur hereinkommenden Welle gestellt und rollt ordentlich. Also bringen wir noch einen Heckanker aus, um sie im rechten Winkel zur Welle zu stellen und bringen auch noch die Ankerkralle an. Danach hält uns nichts mehr vom Sprung ins gar nicht kalte Nass ab!

Donnerstag, 28.11.2024 – Ankerplatz Piros Dirou 36°38,388’N – 22°22,734’E) – Kalamata – 27 Seemeilen

Wir haben diesen Ankerplatz gezielt gewählt, weil sich hier am Ufer der Zugang zu einer bemerkenswerten Tropfsteinhöhle, der Vlychada Diros Mani, befindet. Diese Tropfsteinhöhle ist eine der Hauptattraktionen des Mani und diese wollen wir uns nicht entgehen lassen. So fahren wir mit dem Dinghi an Land und kaufen uns Eintrittskarten. Die Höhle ist erst Anfang des 20 Jahrhunderts entdeckt worden und hat beeindruckende Ausmaße. Die Gesamtlänge der Höhlengänge wird mit 15.400m angegeben und ist damit Griechenlands längste Höhle und gehört in die Kategorie der Riesenhöhlen (>5.000m). Anfang der 1960er Jahre wurde sie zur Schauhöhle ausgebaut und zeitgleich weiter erforscht. Bisher wurde die tiefste Stelle mit 78m erforscht – es ist nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Unterwasserarme gefunden werden. Auf einer Tour kann man ca. 2.800m der Höhle sehen, den Großteil vom Elektroboot aus. Das wollen wir heute morgen machen – die Fotoauswahl seht ihr hier:

Nach diesem überaus beeindruckenden Erlebnis springen wir noch einmal in das glasklare Wasser, bevor wir den Anker lichten. Wahrscheinlich ist das in diesem Jahr die letzte Gelegenheit. Wir wollen heute nach Kalamata in die Marina. Dort haben wir uns für den Dezember einen Liegeplatz gebucht. Zum einen stehen einige Bootsarbeiten an, zum anderen wollen wir dort eine Zeitlang ein Auto mieten und das Inland des Peleponnes erkunden. Venga! dient uns so lange als schwimmende Wohnung. Gespannt sind wir auf die Segel-Community, von der uns schon einige Segler berichtet haben. Kalamata wird wohl von einigen Booten als Winterhafen genutzt.

Freitag, 29.11.2024 – Kalamata – Hafentag

Wir haben einen Liegeplatz an Pier E bekommen. Neben uns liegt ein riesiger Katamaran, der Venga! wie eine Nussschale wirken lässt. Wir melden uns erstmal offiziell im Marinabüro an und bezahlen den Liegeplatz bis zum Jahresende. Inklusive Wasser und Strom zahlen wir dafür ca. 450€. Gegen 5€ Pfand wird uns ein Schlüssel zu den Sanitäranlagen ausgehändigt, die wir erstmal besichtigen. Die Toiletten und Waschbecken sind in Ordnung, die Duschen sprechen uns nicht so an – da duschen wir lieber an Bord…Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren gibt es je eine Waschmaschine und einen Trockner, allerdings ist bei den Damen der Trockner und bei den Herren die Waschmaschine defekt. Die Benutzung kostet extra.

Wir haben sehr viel Wäsche und daher folgt Barbara einer Empfehlung und macht sich auf den Weg zu einem Waschsalon mit mehreren Industriewaschmaschinen und -trocknern. Das ist zwar ein Fußmarsch von 20 Minuten, aber dafür soll es schnell gehen. Und tatsächlich brauchen die Waschmaschinen nur 10 Minuten, der Trockner dann allerdings doch 40. Die Zeit des Wartens wird kurzweilig verkürzt mit interessanten Gesprächen mit anderen Kunden: Nicole ist Yogalehrerin und lebt seit 1,5 Jahren permanent in der näheren Umgebung von Kalamata. Sie hat einen Olivenhain gepachtet und ist gerade mit ihren freiwilligen Helfern in der Stadt zum Wäsche waschen, denn bei Regenwetter können sie nicht ernten. Barbara bekundet Interesse an der Mithilfe bei der Olivenernte und Nicole verspricht sich zu melden, denn ab 06.12. sind ihre Freiwilligen wieder weg. Auch ein deutsches Paar, das gerade mit dem WoMo in Griechenland ist, berichtet von einer Woche freiwilliger Mithilfe bei der Olivenernte – die dabei getragenen Jeans werden auch in dieser professionellen Reinigung nicht wieder sauber. So sind wir schon mal „gewahrschaut“, bei einem Einsatz bei Nicole auf den Feldern, die ältesten Klamotten anzuziehen.

Währenddessen nimmt Werner sich den ersten Punkt von der ToDo-Liste vor: die 230V Verkabelung an Bord. Wir produzieren über die Solarpaneele unseren eigenen Strom, der in die 12V Batterien eingespeist wird. Wir besitzen auch einen Inverter, der aus 12V 230V machen kann. Allerdings gibt es nur zwei extra 230V-Steckdosen vom Inverter, die ohne Landstrom für 230V-Geräte genutzt werden können. Alle anderen 230V-Steckdosen an Bord funktionieren nur, wenn wir am Landstrom hängen. Dazu hat Werner einen Transferschalter eingebaut und alles funktioniert jetzt wie gewünscht, der Inverter speist jetzt auch alle Steckdosen im Boot.

Außerdem erkunden wir das nähere Hafenumfeld, machen einige Besorgungen bei Jysk und im nächstgelegenen Supermarkt. Dabei erwischt uns dann prompt ein Schauer. Für heute war das eigentlich noch gar nicht vorhergesagt und morgens hatte uns noch die Sonne begrüßt und zum Kaffee im Cockpit eingeladen. Nun ziehen aber dunkle Regenwolken von Westen heran. Brauchen wir vielleicht doch noch Gummistiefel?!?

Abends haben wir uns mit der Crew der Shiratori zum Essen verabredet. Den Aperitif nehmen wir bei uns an Bord und laufen dann ein paar Schritte durch den Regen zum nächstgelegenen und gut bewerteten Italiener. Irgendwie haben wir Lust auf Pizza und Bruschetta! Beim anschließenden Ouzo an Bord bekommen wir noch einige Infos zur deutschen Segel-Community in Kalamata: Yoga auf Pier G, Sundowner auf Pier D und sonntägliches Grillen auf Pier A. Damit wir keine Infos verpassen, werden wir zu den bestehenden WhatsApp-Gruppen hinzugefügt – vielen Dank an Ute!

Die nächsten Wochen wollen wir nun hier in Kalamata verbringen, einige Punkte von der ToDo-Liste abarbeiten, ein Auto leihen und die Umgebung erkunden, die Stadt und das Leben in einer griechischen Kleinstadt kennenlernen, neue Menschen treffen und hier eine ganz andere Weihnachtszeit verbringen. Daher werden unsere Berichte in den nächsten Wochen vielleicht etwas anders ausfallen, wir werden sehen.

Hier unsere Route von dieser Woche – warum das Programm da einen Zickzack-Kurs eingebaut hat, ist mit schleierhaft


 

2 Antworten

  1. Ihr zwei Lieben!
    Da bekommt man MEERWEH!⛵!! Wir wären so gerne mit euch unterwegs. Genießt diese einmalige Zeit! Ganz liebe Grüße und eine schöne Adventzeit ????
    Ganz liebe Grüße Manuela und Andreas

    1. Hallo ihr zwei treuen LeserInnen 🙂
      …und hier auf dem mittleren Finger braucht man auf die Bergwelt dabei nicht zu verzichten! Das ist hier ein tolles Revier für Segler, die gern wandern! Über die heutige Wanderung lest ihr im nächsten Bericht!

      Euch auch eine schöne Adventszeit!
      Liebe Grüße von der Venga!-Crew!

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