In der letzten Woche zogen über Griechenland zwei ausgedehnte Schlechtwetterfronten, die Ausflüge und Wandertouren nahezu unmöglich machten. Wir igelten uns im Boot ein und lernten die deutsche Segel-Comunity und die Stadt Kalamata näher kennen. Auch einige der ToDos von unserer Liste nahmen wir in Angriff, konnten allerdings vieles aufgrund noch fehlender Bauteile nicht abschließen. Wer unsere jeweiligen Statusbilder verfolgt, hat schon bemerkt, dass wenig passiert ist. Daher dachten wir, wir nutzen die Gelegenheit, euch in dieser Woche einmal die Venga näher vorzustellen!
Venga! – Sunbeam 42 DS – Baujahr 2006
Warum eine Sunbeam
Zu dieser Entscheidung gibt es eine etwas längere Geschichte, wir holen mal weit aus:
Zu Beginn der Corona-Pandemie erfuhren wir von einem befreundeten Vindösegler, dass sich eine Vindö 45 aus Kiel gerade auf Weltumseglung befände und darüber in einem YouTube-Kanal berichte. In dieser Zeit hatten wir alle plötzlich viel mehr Zeit, weil die gewohnten Freizeitaktivitäten wegfielen. So stieg Barbara ein in die Welt der YouTube-Segel-Kanäle. Beim nächsten Skiurlaub 2022 in Österreich wurde ihr dann der Kanal eines österreichischen Paares und ihrer Insieme vorgeschlagen, dem sie dann ebenfalls folgte. Dieses Paar kaufte sich in 2022 ihre Insieme II, eine Sunbeam 42 DS und dokumentierte den Refit des Bootes, der zum größten Teil im andalusischen Almerimar stattfand. Nachdem wir anfangs für unseren „Ruhestand“ an den Erwerb einer größeren Immobilie in Spanien gedacht hatten, waren wir seit wenigen Monaten auf dem „Trip“ doch lieber ein Boot im Mittelmeer haben zu wollen, um damit den gesamten Mittelmeerraum während der grauen norddeutschen Winter erkunden zu können. Wie der Zufall es wollte, waren wir im November 2022 bei Freunden in Malaga zu Besuch und fuhren auf dem Rückweg in Almerimar vorbei, um uns diesen Hafen einmal anzusehen. Segler werden ja irgendwie magnetisch von Häfen angezogen… Beim Spaziergang um den Hafen lief uns ein Barbara bekanntes Gesicht über den Weg: Markus von Insieme. Barbara fand es allerdings übergriffig ihn einfach anzusprechen und so fuhren wir weiter nach Benidorm (300 Kilometer) in unsere Wohnung. Barbara ließ es aber nicht los und long Story short: nach Instagram-Kontrakt fuhren wir 2 Tage später erneut nach Almerimar, um die „Insiemes“ zu besuchen und uns das Boot anzusehen. Wir landeten auf einer Baustelle, die alles andere als fertig oder aufgeräumt war, aber das Boot gefiel uns ausnehmend gut. Wir kamen noch mit anderen Seglern ins Gespräch und erfuhren dabei nebenbei, dass von der Sunbeam 42 DS keine 30 Stück gebaut worden waren. Trotzdem begannen wir online nach genau diesem Bootstyp zu suchen. Im Januar 2023 stolperte Barbara bei einer erneuten Suche über einen weiteren Youtube-Kanal „Orizon“. Ein deutsches Paar dokumentierte darin ihre Erfahrungen im Mittelmeer auf einer Sunbeam 42 DS. Barbara mailte sie mit der etwas plumpen Frage an, ob sie nicht zufällig in 2024 ihr Boot verkaufen wollen würden. Nach kurzer Zeit kam eine Mail zurück. Wir waren nicht die Ersten, die diese Frage stellten, aber wir stellten sie zum richtigen Zeitpunkt. Die Sunbeam stand zum Verkauf, allerdings bereits im Sommer 2023 und damit ein Jahr zu früh für uns.
Hier die Verkaufsfotos, die wir erhielten:








Wir wollten sie uns trotzdem ansehen und baten zur Besichtigung unseren Freund, Segler und „Bootekenner“ Jochen, uns zu begleiten. Zu dritt flogen wir im April 2023 nach Athen. Von dort ging es per Metro und Fähre weiter auf die Insel Ägina, wo die Sunbeam an Land stand. Als wir an Bord kamen, waren wir total beeindruckt von dem hervorragenden Zustand des Bootes. Der Innenraum wirkte wie neu. Der erste Eigner hatte das Boot 15 Jahre besessen und jedes Jahr nur wenige Wochen gesegelt. Für den Rest stand es an Land unter einem Cover und wurde alljährlich professionell gepflegt und gewartet. Die aktuellen Eigner hatten das Boot ebenso liebevoll gehegt und gepflegt und einige Upgrades vorgenommen, die auch wunderbar im YouTube-Kanal dokumentiert wurden. Jochen prüfte die Rumpffeuchtigkeit, schaute mit seiner Schlüssellochkamera in die verstecktesten Bereiche des Rumpfes und offenbarte uns abends beim Essen seine schlechte Nachricht: „Ich habe nichts gefunden, das Boot hättet ihr auch ohne mich kaufen können“… Denn dass wir es kaufen wollten, stand – zumindest für Barbara – schon vor der Besichtigung fest. So unterschrieben wir also am nächsten Tag den Kaufvertrag, leisteten eine Anzahlung und vereinbarten die Übergabe und endgültige Abnahme für den Sommer 2023.











Ende Juni 2023 reisten wir dann erneut nach Ägina, diesmal in Begleitung von Tochter Anna. Die Voreigner hatten das Boot bereits geräumt und die von uns vorausgeschickten Pakete mit Küchenutensilien und Bettwäsche standen bereits im Cockpit. Wir durften auf der Werft bereits am Bord schlafen, bekamen am nächsten Tag eine Einführung von den Voreignern bevor es dann direkt ins Wasser ging. Nach einem kurzen gemeinsamen Segelschlag, verabschiedeten wir die Voreigner und segelten erstmal an einen empfohlenen Ankerplatz. Uns blieben 10 Tage, um das Boot ein wenig kennenzulernen.





Nun ein paar Fakten zur Sunbeam:
Die Sunbeam-Yachten kommen aus einer österreichischen Werft und zeichnen sich, wie unsere Vindö, durch hervorragende Bootsbauqualität aus. Hier steht die „42“ in der Bezeichnung tatsächlich für die Länge in Fuß, das „DS“ steht für Deckssalon. Und genau der war es, der es uns sofort angetan hatte. Das Raumgefühl ist ein ganz anderes als in den meisten „normalen“ Einrumpfbooten, bei denen man sich unter Deck eher ein bisschen wie im Keller fühlt. Im Decksalon hat man den direkten rundum Blick auf die Landschaft, das Hafenumfeld oder das Meer. Es ist sehr hell (im Sommer entsprechend heiß – aber wir segeln sie ja im Winter) und der Salon wirkt noch größer als er tatsächlich ist. Die Möbeleinbauten bestehen aus hochwertig verarbeiteter amerikanischer Kirsche und die Decke ist hell verkleidet. Da die Sunbeam außerdem mit 4,40 Metern noch deutlich breiter ist als unsere Jento, ist auch hier sehr viel Platz in Schapps, Schränken und „Keller“. Durch den höher liegenden Deckssalon, muss man allerdings auch unter Deck einige Stufen in Kauf nehmen. Zur Pantry und zur Bugkabine geht es jeweils zwei Stufen hinunter.









Wie die aufmerksam Lesenden bereits wissen, kocht Werner gut und gerne. Daher war ein ausreichendes Platzangebot in der Küche ein weiteres wichtiges Kriterium. Die Pantry verfügt über einen zweiflammigen Gasherd mit Backofen sowie eine Doppelspüle. Besonders pflegeleicht und hochwertig ist sie durch eine Arbeitsplatte aus Corian. Es gibt einen geräumigen Kühlschrank, der von oben über zwei Öffnungen zu erreichen ist. Unter der Spüle befindet sich (wie zuhause) der Mülleimer. Außerdem gibt es reichlich Stauraum in Schaps über und unter der Arbeitsfläche. Sogar eine Nespressomaschine gehört zur Ausstattung.








Ein weiterer Punkt, der uns von Anfang an überzeugte, sind die zwei sehr großzügigen Kabinen und die zwei Bäder. So ist es möglich Besuch zu bekommen, der eine eigene Kabine und ein eigenes Bad nutzen kann. Da beide Kabinen durch den Salon getrennt sind, hat zudem jeder seine Privatsphäre. Die Masterkabine liegt im Heck, man erreicht sie durch die Pantry. Hier findet man eine richtig große Kabine – das Bett kann mit unserem in Munkbrarup mithalten. Auf jeder Seite des Bettes ist eine Sitzmöglichkeit und jede Menge Stauraum in kleinen Wandschaps und in Kleiderschränken. Unter dem Bett lagern derzeit unsere 5 Rollkoffer, das dreiteilige Cover für die Zeit an Land und ein Portapotti (für Übernachtungen auf der Werft) – es ist sogar noch Platz frei! Über ein separates Fach ist hier auch Zugang zur Seilführung des Steuers und zur Selbssteueranlage. Belüftet wird dise Kabine durch eine Luke die zum Heck öffnet sowie durch 3 Fenster (Steuerbord, Backbord und Heck).









Von ihr geht das größere der beiden Bäder ab. Es verfügt über eine separate Dusche und ein elektrisches WC mit einem 70l Fälalientank.





Die Bugkabine ist für Gäste reserviert und bietet ein große V-förmige Koje, die auf der Steuerbordseite stolze 2,20m misst. Auch hier findet sich reichlich Stauraum in Schränken und Schaps – derzeit tatsächlich überwiegend leer, damit die Gäste ihr Sachen verstauen können. Belüftet wird diese Kabine durch eine Luke, die zum Bug öffnet und so am Ankerplatz immer genug Frischluft „einsammelt“ sowie durch ein Fenster auf der Steuerbordseite



Zu dieser Kabine gehört das zweite Bad, das sowohl dierekt aus der Kabine, als auch vom Salon aus zugänglich ist. Es ist mit einem WC mit manueller Pumpe versehen – ihm fehlt (noch) ein Fälkalientank. Auch hier kann geduscht werden, dafür ist der Wasserhahn am Waschbecken mit einem herausziehbaren Schlauch versehen.



Die Sunbeam ist komplett aus GFK, hat aber ebenfalls einen Decksbelag aus Teak. Diesem sieht man seine nun 18 Jahre an, aber er wird mit etwas Liebe und Zuwendung auch uns noch überleben. Der Rumpf hat einen angebolzten Bleikiel – für uns etwas komplett Neues. Der Langkiel der Vindö mit eingegossenem Bleigewicht verzeiht da eine Grundberührung deutlich eher, aber die Bolzen sind hier so gut zugänglich und massiv ausgeführt, dass sie unser vollstes Vertrauen haben. Die Masthöhe ohne Antenne ist mit 20 Metern ab Wasserline angegeben und damit deutlich länger, als auf der Jento. Die Gesamtsegelfläche liegt bei knapp 100 Quadratmetern (Genua 62, Groß 37). Zusätzlich haben wir einen Blister mit 125 qm an Bord.



Der Motor ist ein Yanmar mit 75 PS, der zum Zeitpunkt des Kaufes ca. 1.400 Motorstunden in 18 Jahren auf der Uhr hatte. Venga! verfügt über zwei miteinander verbundene Wassertanks mit insgesamt 500 Litern Wasser, die sich unter dem Fußboden des Salons befinden. Damit kommen wir gut 3 Wochen aus, da wir das Wasser hier in Ermangelung von Sanitäreinrichtungen in den Häfen ja auch zum Duschen nutzen. Der Dieseltank hat ein Fassungsvermögen von 300 Litern bei einem Verbrauch von ca. 3 Litern pro Stunde (wir sammeln noch Erfahrungen) und einer Marschfahrt von 6-6,5 Knoten.







Neben allen bisher beschriebenen Fakten, ist noch die Ausstattung mit Solar und Batterien erwähnenswert. Venga! verfügt über vier Solarpaneele. Drei befinden sich auf dem Heckträger, der eine etwas ungewöhnliche Form hat, die sich aber bei den Voreignern sehr bewährt hat, weil durch die Neigung ein guter Winkel zur Sonne erreicht wird. Die beiden äußeren Paneele haben eine Leistung von je 160 Watt, das mittlere von 200 Watt. ergänzt wird diese Anlage noch durch ein kleines 50 Watt-Paneel auf dem Oberdeck. Es gibt an Bord eine Starterbatterie (Blei) 100Ah, die wir zum Einwassern erneuern mussten, zwei 100-Ah Blei-Batterien für die 1.500 Watt Ankerwinsch und das Bugstrahlruder und zwei AGM 220-Ah Verbraucherbatterien. Noch haben alle Batterien eine sehr gute Leistung. Sollten sie altersbedingt getauscht werden müssen, kommt für die Verbraucherbatterien ein Umrüsten auf Lituium in Betracht.



So, und nun auch hier die Erklärung des Namens:
„Eigentlich“ tauft man Boote ja nicht um – das bringt angeblich Unglück… Orizon war aber bereits der zweite Name des Bootes, nachdem es vorher „Happy Day III“ geheißen hatte. Der Name „Orizon“ war eng mit dem gleichnamigen Youtube-Kanal der Voreigner verbunden, daher wollten wir ihn nicht übernehmen. Welchen Namen sollte die Sunbeam also bekommen?
Das Boot von Barbaras Eltern hieß Venga. Es wurde nach dem Tod von Opa Klaus für einen symbolischen Euro verkauft und vom neuen Eigner liebevoll instandgesetzt. Leider ging es dann aber nach wenigen Jahren und aus ungeklärter Ursache in Flammen auf und versank in der Schlei bei Missunde. Opa Klaus segelt auch auf Jento im Geiste immer mit und seine alte Venga ist uns beiden stets präsent. Warum also nicht diesen Namen übernehmen? Wir ergänzten lediglich das Ausrufezeichen in Anlehnung an den spanischen Ausruf, der so viel bedeutet wie „Komm schon, los jetzt“ und haben so auch Werners Mutter „Luisa“ mit an Bord.





3 Antworten
Hi ihr Zwei, ihr ruft mit der Entwicklungsgeschichte der Venga die Erinnerung wach, die ich aus euren Erzählungen kenne. Und jetzt ist sie euch mittlerweile richtig ans Herz gewachsen und ihr werdet immer vertrauter mit dem Schiff, das ist zu spüren! Dazu kommt die Freiheit, die ihr genießen könnt in einer so malerischen Umgebung- auch, wenn es gerade kabbelig ist! Es liest sich so, als hättet ihr euch einen Traum erfüllt, der gerade gelebt wird! Ich freue mich sehr, dass der Plan aufgegangen ist und ihr etwas Schönes daraus macht! Euch Beiden weiterhin viel Freude und Spaß beim Segeln & Wandern- bis bald, freue mich natürlich auch auf ein Wiedersehen mit euch!! Liebe Grüße von Moni ????
So ein wunderbares Schiff – ich konnte mich gar nicht satt sehen!
Viel Dank für den ausführlichen Einblick!
Viel Freude damit, allzeit gute Reise und glückliches Ankommen!
…komm gerne vorbei und schaue es dir „in echt“ an. Ist dann vielleicht nicht ganz so aufgeräumt 🙂
Herzliche Grüße über den Hafen von der Venga!-Crew