Pfingsten ist das alljährliche Vindötreffen in Ærøskøbing – in diesem Jahr leider mit sehr viel Wind und noch mehr Regen. Daher finden nur knapp 10 Vindös den Weg zum diesjährigen Treffen – es ist trotzdem schön, da einfach mehr Zeit für Gespräche mit jedem Einzelnen bleibt.

Samstag bis Sonntag, 07.-08.06.2025 – Vindötreffen in Ærøskøbing
Neun Vindös liegen am Pfingstsamstag an der Außenmole des alten Hafens von Ærøskøbing – viele sind über die Toppen geflaggt – ein schönes Bild, auch wenn der Himmel leider grau verhangen ist. Eine Vindö musste wegen Termindruck und angesagtem Schlechtwetter leider gestern schon wieder ablegen. Bereits am Donnerstag hatten wir das Zelt für das gemütliche Beisammensein aufgebaut – gestern wurde es vom Sturm fast davongeweht und musste geborgen werden.









Zum Glück kann Anders mit dem Inhaber der Røgeri, bei der wir das Abendessen bestellt haben, eine gute Lösung finden. Wir dürfen seinen Holz-Pavillon nutzen, konsumieren dafür die ersten Getränke bei ihm bis er schließt und versorgen uns danach selbst. Nach einem leckeren Lachsessen, werden die Musikinstrumente ausgepackt. Mit Geige, Gitarre und Harmonium wird die Deutsch-Dänische-Gesellschaft unterhalten. Das Mitsingen der dänischen Volkslieder fällt den Deutschen schwer, macht aber trotzdem Spaß. Bis weit nach Mitternacht sitzen wir beisammen und „klönen“.





Es sind wieder ein paar „Neulinge“ dabei. So gibt es beim „Open Ship“ auch wieder für jeden etwas zu sehen. Leider begrüßt uns der Sonntag mit Dauerregen von morgens bis zum Nachmittag. Erst gegen 15:00 finden wir Gelegenheit uns einmal die Beine auf einem Spaziergang um den Ort zu vertreten.














Da der „gammle Købmand“ (Biergarten) geschlossen hat, holen wir uns das Walnussbier beim Netto und verbringen die nächste Regenphase in der Kuchenbude des Nachbarbootes „Möve“ bei Snacks, Bier und Schnack. Erst gegen 20:00 Uhr hört der Regen auf und die gegenseitigen Bootsbesichtigungen können losgehen. Wir bekommen Gelegenheit uns zwei Vindö 40 anzusehen und den Unterschied zwischen Baujahren dieses Typs zu Beginn und am Ende der 1970er Jahre kennenzulernen. Tatsächlich haben wir den Eindruck, dass die jüngere V40 mehr Raumvolumen bietet, obwohl das Layout nahezu gleich ist. Interessant sind auch immer wieder die Geschichten der Eigner und Eignerinnen zu den Booten und dazu, wie sie zu einer Vindö gekommen sind. Für die einen ist es der „Aufstieg“ von einem Folkeboot, für die anderen ein unerwartetes Geschenk – und immer ist es die Liebe zu diesen klassischen Schönheiten, zum edlen Material, dem „schiffigen“ Aussehen und den seegängigen Eigenschaften.


Als wir spät den Weg zurück auf unsere Jento finden, sind wir angefüllt mit schönen Eindrücken. Die letzten Tage in der dänischen Südsee haben wir so viele liebe Menschen getroffen, sind reich beschenkt worden mit sozialen Kontakten. Nun fühlen wir uns bereit für neue Segelabenteuer.
Montag bis Dienstag, 09.-10.06.25 Ærøskøbing – Bornhom Tejn – 185 Seemeilen
Morgens verabschieden wir uns von allen Vindös und ihren Crews. Einige bleiben noch, andere müssen nach Hause, wir wollen los. Der Wetterbericht verspricht ein Mix aus Sonne und Wolken und vor allem Wind aus der richtigen Richtung: Südwest bis West. Mit Groß und Genua geht es in Rauschfahrt erst Richtung Svendborg, wo wir trotz starker Gegenströmung von fast 2,5 Knoten unter Segeln durch die Brücke fahren. Der ganze Sund kann nur mir zwei Halsen ausgefahren werden. Dann öffnet sich das Fahrwasser und der Sund zwischen Langeland und Fünen liegt vor uns. Wir haben sehr gute Sicht und können am Horizont die Brückenpfeiler der Brücke über den großen Belt ausmachen.






Vor Lohals rauschen wir durch die schmale Rinne Richtung Hafen und haben damit die flache Barre (Sandbank vor der Küste) hinter uns gebracht. Nach wenigen Seemeilen liegt die Nordspitze von Langeland querab und wir können abfallen. Nun gilt es die Großschifffahrt beim Kreuzen der Fahrwasserrinne im Auge zu behalten. Wir haben Glück und es tut sich gerade eine Lücke in der Kolonne der Berufsschiffe auf. Diese Hürde ist also schnell genommen. Im Großen Belt setzt die Strömung heute von Nord nach Süd, während die Windwelle von Südwest nach Nordost läuft. Das sorgt für ziemliche Kreuzsee – bei uns „Hackfleischwasser“ genannt. Es ist unmöglich, die Bewegungen des Bootes vorauszusehen – wir werden ziemlich durchgerüttelt. Auch die Segel finden es auf dem Raumschotkurs nicht lustig und schlagen heftig. Wir rollen die Genua etwas ein und damit dreht zumindest die Rollanlage nicht mehr so stark. Nach einer Stunde sind wir aus der schlimmsten Zone raus und fahren in das Gebiet des Storstrøm-Fahrwassers ein. Bis zur neuen Brücke sind es allerdings noch 25 Seemeilen.
Es ist kaum noch Strömung spürbar, auch wenn uns die Navigationsinstrumenten mit einer Differenz von einem halben Knoten zwischen „Speede over Ground“ und „Speed durch Wasser“ noch eine Gegenströmung anzeigen. Im Osten tauchen die Brückenpfeiler der neuen Storstrømbrücke auf. Im letzten Jahr, war die Brückenverbindung noch nicht geschlossen. Im Internet finden wir die Information, das im Dezember 2024 das letzte Brückenelement an seinen Platz gehoben wurde. Noch in diesem Jahr soll die Brücke für den Autoverkehr geöffnet werden und dann als Zubringer für die feste Fehmarnbeltquerung dienen.





Im Osten ziehen Wolkenwände auf und die Sonne bekommt einen milchigen Schleier. Es wird kalt und wir ziehen weitere Kleidungsschichten an. Barbara trägt drei lange Hosen (Skiunterwäsche, Jogginghose und Skihose) sowie sechs „Oberteile“ ( Top, Langarm-Skiunterwäsche, Fleecepulli, Wollpulli, Weste, Skijacke) übereinander. Sollte es noch kälter werden, hat sie noch die Option die Skibekleidung gegen das etwas dickere Ölzeug zu tauschen…
Wir nutzen das nun deutlich ruhigere Segeln, um ein kleines Abendessen zu kochen: Nudeln mit Schinkenwürfeln, Mais, Pesto und reichlich Parmesan. Etwas Warmes tut bei der Kälte so gut!

Unterdessen ist es bereits Abend. Wir haben gut 65 Seemeilen hinter uns, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,7 Knoten. Für Jento ist das fantastisch. Wir haben unterwegs immer mal wieder Werte über 8 Knoten gesehen und lagen nur im Svendborgsund unter 5 Knoten. Nun schwächelt der Wind aber leider und nach der dritten Brücke im Grønsund, müssen wir die Maschine starten. Wir motoren die 10 Seemeilen bis zur offenen Ostsee bei immer schwächer werdendem Licht. Der Mond geht zwar kurz vor dem Sonnenuntergang tiefrot über Stubbekøbing auf und begleitet uns auf den nächsten Meilen, aber die unbeleuchteten Tonnen des engen Fahrwassers sind nur schwer auszumachen. Die Anzeigen unserer Navigationsgeräte schalten wir in den Nachtmodus, um nicht geblendet zu werden und starren mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Dank Plotter finden wir gut durch den Tonnenstrich und laufen gegen 23:30 Uhr auf die offene Ostsee. Zeitgleich beginnen die Wolken auch den Mond zu verdecken. Wir setzen erneut die Segel, auch wenn der Wind immer noch schwächelt. Mit 4 bis 4,5 Knoten dümpeln wir durch die Nacht. Wir checken noch einmal das Wetter und speichern uns von den Windvorhersagen stündliche Fotos. Der Blick ins Niederschlagsradar ist sehr unerfreulich. Für morgen sind 10 Stunden Regen vorhergesagt. Kurz überlegen wir nach Klintholm zu gehen, um das abzuwettern. Andererseits verschlechtert sich dann aber das Windfenster. Also Augen zu und durch!









Im Salon haben wir eine gemütliche Koje gebaut und Werner geht als Erster in die Freiwache unter Deck. Ruhe findet er allerdings wenig, da die Segel ziemlich schlagen. Barbara beobachtet währenddessen die Fähren, die zwischen Trelleborg und Rostock pendeln und recht nah an uns vorbeiziehen. Nach zwei Stunden wechseln wir und Barbara darf unter Deck. Sie wählt die Vorschiffkoje und findet tatsächlich etwas Schlaf, obwohl es auch hier „lärmt“.
Als Barbara um 3:30 Uhr wieder im Cockpit erscheint, ist es schon wieder hell. Der Wind nimmt endlich zu und die Segel geben Ruhe. Allerdings hat sich irgendwann in der Dunkelheit die Schäkelverbindung zwischen Rollanlage und Genua am Unterliek verabschiedet. Der Bolzen des Schäkels liegt noch an Deck, der Rest ist wohl im Meer gelandet. Ein exakt passender Schäkel findet sich nicht an Bord, aber mit einem kleinen Behelfs- und einem Softschäkel wird das Problem erstmal behoben. Auf Bornholm kümmern wir uns um den passenden Ersatz. Ohne schlagende Segel bekommt Werner dann doch noch etwas Schlaf, während Barbara die aufziehenden Regenwolken beobachtet.
Pünktlich um sechs Uhr beginnt es leise zu tröpfeln. Da wir weiterhin auf einem Raumschotkurs (Wind schräg von achtern) segeln, wäre es daher auch unter der Sprayhood nicht trocken und sogar der Niedergang würde nass werden. Könnte man nicht irgendwie notdürftig aus dem Heckstück der Kuchenbude einen Regenschutz bauen? Es klappt tatsächlich und so kann uns der Regen nichts mehr anhaben. Durch den vorhandenen Reißverschluss ist der schnelle Griff zum Autopiloten und zu den Schoten gewährleistet. Zum Glück bleibt es bei eher schwachem Regen. Wenn es so richtig „kübeln“ würde, würde dieses Provisorium nichts nützen. Kurze Zeit später krabbelt Werner wieder aus der Koje und übernimmt den Ausguck unter der Sprayhood mit der Aufgabe, nun das große Fahrwasser zu kreuzen.


Die Sicht ist schlecht, kein Schiff in Sicht, aber auf unserem Plotter sind viele Kontakte vorhanden. Werner muss durch die stark befahrene Schifffahrtsroute, die die östliche Ostsee mit der westlichen Ostsee verbindet, navigieren. Die Großschifffahrt kommt wie auf einer Perlenschnur vorbeigezogen, und wir machen eine kleine S-Kurve (möglichst senkrecht durch die Fahrrinne) um keinem großen Schiff wirklich in die Quere zu kommen. Ein Kreuzfahrer kommt auf eine halbe Seemeile heran (mit 20 kn), aber das ist ok. Währendessen wird der Funk abgehört, ob wir von irgendeinem Schiff oder der Schifffahrtskontrolle angesprochen werden, um unseren Kurs anzupassen. Es klappt aber alles ohne Probleme.



Wir verbringen den Tag mehr oder minder sitzend unter der Sprayhood im Regenschutz und hören Hörbücher. Nur unterbrochen von kleinen Essenspausen, die die Stimmung heben. Der Wind nimmt weiter zu und es wird wieder eine Rauschefahrt, die bei gutem Wetter noch mehr Spaß machen würde. Als wir endlich wieder Internetempfang haben, checken wir das Wetter. Die angesagte Starkregenfront hat der Wind zerrissen und es sieht so aus, als könnten wir in einer Regenpause unser Anlegemanöver in Allinge / Bornholm fahren.
Kurz vor dem Ziel kommt ein Seasheppard-Boot neben uns auf. Dann schnarrt unser Funkgerät – wir werden von den Seasheppards gerufen. Man teilt uns mit, dass der Hafen Allinge wegen einer Großveranstaltung (Demokratie und Gesellschaft in Dänemark) geschlossen ist. Wahrscheinlich diskutieren da auch einige Politik -Vips mit und zur Sicherheit darf niemand in den Hafen. Also müssen wir vier Seemeilen weiter in den wenig attraktiven Hafen von Tejn laufen. Dieser ist entsprechend voll – wir finden nur noch weit draußen an der Außenmole einen Platz. Aktuell ist das kein Problem, der Wind weht weiterhin aus West und wir liegen geschützt. Morgen soll er allerdings auf eher nördliche Richtungen drehen, was die Welle dann direkt in den Hafen bringen wird. Wir sind nach 185 Seemeilen in 33 Stunden erstmal nur glücklich, diese Tour geschafft zu haben. Und wir sind stolz auf uns und auf unsere schnelle Jento. Ob das neue Coppercoat (Unterwasserbeschichtung) für den Geschwindigkeitszuwachs verantwortlich ist? Jento ist noch nie so gut gelaufen und wir haben sonst nichts verändert…

Mittwoch bis Freitag, 11.-13.06.25 Tejn – Nexø – 19 Seemeilen
Nach einer erholsamen Nachtruhe starten wir mit Kaffee und Bescherung in den Geburtstag von Werner. Heute ist er der „Bestimmer“ – nixda „happy Wife – happy Life“! Er wünscht sich als Erstes ein Verlegen nach Nexø. Der Hafen von Tejn ist einfach NIX. Also ziehen wir uns wieder warm an, verstauen die Kuchenbude und machen Jento segelfertig. Der Wind weht aus nördlichen Richtungen. Anfangs sogar eher aus Nordost. Wir können im Schmetterling die ersten Seemeilen entspannt genießen, bevor der Wind westlicher dreht und auffrischt. Die Vorhersage hatte von 8-24 Knoten gesprochen und behält tatsächlich Recht. Die Böen haben es in sich und da wir am Ende eher mit Halbwind bzw. hoch am Wind unterwegs sind, luvt Jento in den Böen ordentlich an (… wir segeln auch noch unter Vollzeug!). Erst wenige hundert Meter vor dem Hafen fallen die Segel – wieder Rauschefahrt!





Wir finden einen Liegeplatz im zweiten Hafenbecken direkt vor einem Café und den Sanitäranlagen und freuen uns auf kurze Wege. Jento wird aufgeklart und dann brechen wir zu einem ersten Rundgang durch den Ort auf. Dabei inspizieren wir schon mal die Speisekarten der angesagten Restaurants für das Abendessen – richtig viel Auswahl gibt es an einem Mittwoch in der Vorsaison leider nicht. Im Anschluss suchen wir uns ein gemütliches Café für die Fika und finden mit „Brumman“ etwas ganz Besonderes. Brumman bedeutet in der Sprache der Bornholmer soviel wie „Gefängnis“. Und genau das hat dieses Gebäude früher beherbergt. Es war die Polizeistation mit angeschlossenem Gefängnis und Gerichtssaal. In diesem sitzen wir und lassen uns den selbstgemachten Kuchen schmecken – super lecker! Im Anschluss gibt’s im Cockpit einen Prosecco und für Werner ganz viele Geburtstagswünsche per Telefon, WhatsApp und Mail bevor es zum Abendessen im Restaurant ging. Sehr lecker! Leider scheuchte uns der kalte Wind schnell wieder nach Hause, wo der Geburtstag mit Spielen in der warmen Kajüte ausklingen durfte.












Nach mehreren Regen- und Segeltagen, die wir überwiegend sitzend verbrachten, wollen wir uns auf Bornholm mal wieder bewegen. Seit letzten September liegen unsere Mountainbikes in der Achterkajüte der Jento. Heute werden sie hervorgeholt – und brauchen beide erstmal Luft. Da wir (natürlich) keine Luftpumpe an Bord haben und die Räder zudem mit Autoventilen ausgestattet sind, schieben wir sie erstmal zur nächsten Tankstelle, bevor die Radtour beginnen kann. Auf der anschließenden Tour kommen wir an blühenden Kleefeldern vorbei, die einen intensiven Honigduft verströmen. In den Feldern stehen mehrere gelbe Kästen, in denen die Bienenvölker den gesammelten Nektar abliefern. Es summt und brummt nur so um uns herum – zu schade, das Fotos weder Geräusche noch Düfte übertragen können!




Es geht weiter Richtung Norden bis zu dem kleinen malerischen Orts Årsdale. Hier blühen überall rote Spornblumen und die Häuschen scheinen fast alle frisch gestrichen und herausgeputzt der Saison entgegen zu fiebern. Der kleine Hafen ist unglaublich verwinkelt – ins innere Hafenbecken kann auch bei dem stärksten Oststurm kein Schwell hereinkommen. Über dem Ort thront die Mühle, die leider (Vorsaison) noch geschlossen ist. Weiter führt uns der Weg in die „Paradieshügel“. Darunter versteht man ein Waldgebiet , das etwa drei Kilometer nordöstlich von Nexø beginnt. Es handelt sich um eine hügelige, felsige Landschaft mit schmalen Grabenzonen, die von fast senkrechten Felswänden gesäumt werden. Die Hügel ragen in der Regel 30 bis 50 Meter hoch über die waldige Umgebung, in der es auch eine Reihe kleiner Seen und Sümpfe gibt. Wir stellen unsere Fahrräder am Waldesrand ab und wandern zum „Rokkesten“, einem etwa 30-35 Tonnen schweren Findling, der vom Gletschereis so positioniert wurde, dass man ihn bewegen, „wackeln“ kann. Werner probiert es aus und es funktioniert tatsächlich. Allerdings ist die Bewegung nur marginal. Auf einer Infotafel lesen wir, dass dieser Wackelstein aufgrund von Vandalismus in den Jahren von 1960 bis 2000 nicht mehr beweglich war. Irgendjemand hatte die Beweglichkeit mit untergeschobenem Material blockiert. Seit nunmehr 25 Jahren wackelt er aber wieder, wenn man denn an der richtigen Stelle anpackt.




















Auf dem Rückweg zu unseren Rädern machen wir auf einem sonnigen Felsen Frühstücksrast und verputzen die mitgebrachten Stullen samt Snackgemüse. Dann geht es weiter, immer munter auf und ab durch die Paradieshügel.
Bei einer rasanten Abfahrt klingelt Barbaras Handy. Dann ploppt eine Sprachnachricht auf – das scheint dringend zu sein. Wir halten an und rufen zurück. Eine Freundin, die gerade in unserer Wohnung in Spanien Urlaub macht, ist in Not. Während des Bades im Meer hat jemand ihren Rucksack samt Kleidung und Wohnungsschlüssel gestohlen. Nur mit Badezeug und Handtuch steht sie am Strand. Wir versuchen den Hausmeister zu erreichen, der über einen weiteren Schlüssel verfügt – er hat Urlaub. Was nun? Die letzte Möglichkeit ist Vanesa, unsere „Perle“. Sie geht sofort ans Telefon und verspricht direkt nach Ende ihrer regulären Arbeit zur Wohnung zu fahren. Für unsere Freundin heißt es nun erstmal anderthalb Stunden im Treppenhaus warten, aber dann kommt die Rettung. Wie gut, dass das nicht passierte, als wir auf dem Törn nach Bornholm stundenlang ohne Empfang waren!
Die weitere Route durch die ausgedehnten Waldgebiete verläuft eher unspektakulär. Es geht kilometerweit über schnurrgerade Schotterpiste. Auch das Queren eines Bisongeheges bringt keine Abwechslung. Wir sehen leider keine Tiere. Dazu ist das Gehege zu weitläufig. Der Rückweg führt uns dann außerhalb des Waldes durch Feld und Wiesen nach Åkirkeby mit einer sehr auffälligen mittelalterlichen Kirche. Die Aa Kirche oder auf dänisch Aakirke war lange Zeit die Hauptkirche der Insel und ist heute noch eines der imposantesten Gebäude und Sehenswürdigkeiten der Insel. Der graue, aus Bornholmer Silurkalk und Grünsandstein zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtete Kirchenbau im Zentrum von Åkirkeby zeigt die strengen Formen der Romanik. Der Staffelgiebel des 22m hohen ungewöhnlichen Doppelturmes bestimmt die Silhouette der Stadt. Seinen Namen hat die Kirche von den beiden kleinen Flüssen, zwischen denen sie steht – Laeså und Grødby Å.




Uns treibt der Wunsch nach Kaffee und Kuchen aber schnell weiter. Der Marktplatz des Ortes wirkt allerdings etwas trostlos verlassen. Aber am Ende der Straße entdecken wir die Brezel eines Bäckers – ein Glücksgriff! In der ökologischen Bäckerei bekommen wir einen Cappuchino und jeder ein Stück Kuchen. Werner ein Plunderstück mit Rhabarber und Barbara eine Rhabarberschnitte. Vor der Bäckerei nehmen wir auf einer Bank in der Sonne Platz und genießen, bevor es zurück zur Jento geht. Wir folgen dem 16 Kilometerlangen Radweg nach Nexø, der uns durch Felder und Wiesen führt. Immer wieder haben wir den Blick bis zum Meer. Unterwegs machen wir einen kurzen Stopp an einer Töpferei mit Fotoausstellung. Von beidem würden wir gern etwas kaufen, aber auf unseren Booten ist dafür leider kein Platz. So müssen wir uns mit einem interessanten Gespräch mit dem Fotografen und Kunstdrucker begnügen. Leider hat der Wind auf Süd gedreht und weht uns nun entgegen. Das ist echt gemein. Heute Vormittag, als wir in Richtung Norden starteten, wehte er aus Nord… Zum Glück geht es eher abwärts Richtung Küste, den unsere Kräfte neigen sich dem Ende entgegen und unsere Hintern rebellieren. Sie sind das sitzen auf dem Sattel nicht mehr gewohnt! Nach 50 Kilometern mit (nur) 350 Höhenmetern erreichen wir die Jento und lassen uns erstmal ins Cockpit plumpsen (aua!) und entspannen.
Nach den Paradieshügeln wollen wir heute die Südspitze „Dueodde“ mit ihren breiten weißen Stränden und herrlichen Dünen erkunden. Der Sand hier ist so fein, dass er früher für die Herstellung von Sanduhren genutzt wurde. Er zieht sich beidseits der Südspitze über mehrere Kilometer an der Küste entlang. Die Fahrräder nutzen wir nur für die An- und Abreise. Den Strand und die Dünen erkunden wir zu Fuß. Die Sonne scheint von einem makellos blauen Himmel und der Wind schiebt uns entlang der Küste in Richtung Südwest. Wir passieren das kleine verschlafene Hafenörtchen Balka mit seinem winzigen Fischerhafen und werfen einen ersten Blick auf den blendend weißen Sand von Balkastrand, Dann geht es weiter bis nach Snogebæk. Hier muss im Sommer richtig Betrieb sein. Die Räucherei hat reichlich Tische drinnen und draußen und geschätzte 10 weitere Lokale gruppieren sich am Zugang zum Hafen, der nur über eine lange Brücke erreichbar ist. Die Dueodde ist umgeben von Sandbänken, was die Strände sehr kinderfreundlich macht, den Bau eines Hafens allerdings erschwert. Sowohl die Auslage an Frischfisch, als auch das Angebot an Smørrebrød in der Räucherei sprechen uns an. Auf dem Rückweg werden wir uns hier Dorschfilet für das Abendessen mitnehmen und das Rezept der Möve-Crew nachkochen.



















Der Radweg führt uns durch Ferienhaussiedlungen mit urig alten bis super modernen Häusern. Von idyllischer Wald- bis atemberaubender Strandlage ist alles dabei. Nun verstehen wir, warum es in Snogebæk so viele Lokale gibt! Auch die Größe des Parkplatzes am Leuchtturm lässt darauf schließen, wie viel Betrieb hier in der Hauptsaison ist. Heute sind problemlos Parkplätze zu finden. Die Räder stellen wir am Leuchtturm ab und wandern durch die Dünen an den Strand. Das Meer hat hier aktuell 11 Grad und entsprechend kalt ist der Wind, der darüber weht. Wir suchen uns zur Frühstücksrast eine windgeschützte Mulde am Dünenrand und bleiben dann einfach faul in der Sonne liegen und genießen. Später liest Barbara im Internet, dass dieser Strand es beim Reisebuchverlag „Lonely Planet“ auf die Liste der besten 20 Strände Europas geschafft hat – das will schon etwas heißen!




















Nach einer kleinen Wohneinheit begeben wir uns auf die Fotopirsch und wandern am Strand nun wieder Richtung Nordwesten, um später im Bogen durch den angrenzenden Wald wieder zu unseren Fahrrädern zu gelangen. Unsere noch immer von der gestrigen Radtour malträtierten Hintern zieht es nicht wieder zurück in den Sattel, aber es hilft ja nichts…











Auf dem Rückweg kommen wir am Bornholmerturm, einem 11 Stockwerke hohen „Horchposten“ aus dem kalten Krieg vorbei. Hier gibt es neben der spektakulären Aussicht auch noch viel Interessantes (und vielleicht erschreckend Aktuelles) über den Kalten Krieg zu sehen… Von 1986 bis 2012 wurde der Turm vom dänischen militärischen Abschirmdienst genutzt, nachdem bereits der flachere alte Nordleuchtturm von 1948 an diese Dienste übernommen hatte. Der 70 Meter hohe Bornholmerturm kann entweder über 400 Stufen erklommen werden oder alternativ mit dem recht wackeligen Lastenaufzug – der allerdings nichts für Menschen mit Platzangst ist! Beim Blick auf den Eintrittspreis von 125 DKR pro Person, nehmen wir Abstand von einer Besichtigung. Wir müssen ja auch noch etwas für zukünftige Bornholmbesuche „übriglassen“!
Der Rückweg führt uns wieder vorbei an der Räucherei von Snogebæk und wir kaufen Dorschfilet und bestellen zum teilen eine Portion „Sol over Gudhjem“, eine Bornholmer Spezialität. Dabei handelt es sich um ein ganz besonderes „Smørrebrød“: Mit Butter bestrichene Roggenbrotscheiben werden mit Salat und geräuchertem Hering gut belegt und großzügig mit Zwiebeln, Schnittlauch und Radieschen garniert Obendrauf kommt ein rohes Eigelb. Es ist wirklich sehr lecker, auch wenn wir etwas Vorbehalte gegenüber dem rohen Ei hatten. Aber es passt geschmacklich wunderbar zum geräucherten Hering.



Zurück an Bord brauchen wir erneut eine Wohneinheit – diesmal insbesondere Barbara, was sehr ungewöhnlich ist. Abends gibt es dann das Dorschfilet „a la Möve-Crew“. Man kann es im Ofen zubereiten, wir wählen heute unseren Omnia (Mini Ofen auf dem Herd). In die innere Form werden auf Zitronenscheiben die Dorschfilets verteilt, mit etwas Olivenöl beträufelt und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Als besonderes Geschmackshighlight kommen obendrauf noch ein paar Kapern. Dann wird das Ganze ca. 15 Minuten gebacken und kann vor dem Servieren noch mit frischem Dill garniert werden. Als Beilage serviert Werner Biokartoffeln. Einfach und super lecker und die Bordküche bleibt ziemlich sauber!

6 Antworten
Danke für euren ausführlichen Bericht!
Bis auf den Megaritt dort rüber,bekomme ich Lust auf Bornholm,vor allem den Strand. Es war schön euch begegnet zu sein. Vielleicht klappt es mal wieder. Erstmal eine gute Zeit.
Mir reichte es erstmal etwas mit dem SUB unterwegs zu sein.
Liebe Martina, danke, es war eine schöne Zeit mit euch! Gerne wieder! Immer eine handbreit Wasser unter dem SUP 😉 LG Barbara & Werner
Toller Bericht mit tollen Bildern.
Vielen Dank
Jens
“Hope” – Vindö 32
Lieber Jens, Danke! Ohne Dich und Dein schönes Spielen auf der Geige wäre das Vindötreffen nicht das gleiche 😉 Bis bald Barbara & Werner
Ach ja: Bornholm! Da werden gleich Erinnerungen wach, obwohl wir ja erst im Mai 10 Tage dort waren.
Dann mal weiter viel Spass, die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel und den Wind immer aus der richtigen Richtung.
Und alles am besten ohne Regen!
LG H&T
Danke euch für die guten Wünsche. Vielleicht müsst ihr nochmal wünschen, so ganz klappt es gerade weder mit der Windrichtung noch mit der Abwesenheit von Regen…
Liebe Grüße
Barbara und Werner