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#61 Der Winterhafen ruft

Zwei Wochen Kefalonia liegen hinter uns – voll mit kleinen Entdeckungen, stillen Buchten und einer Menge „Das müssen wir uns merken!“ Momenten. Der Leihwagen hat uns neue Perspektiven geschenkt: Bergdörfer, die man nur über schmale Serpentinen erreicht, Aussichtspunkte, die ohne Motorisierung unerreichbar geblieben wären, und Strände, die wie zufällig hinter einer Kurve auftauchten. Zumindest die Hälfte der 40 Geosites haben wir besucht – bleibt also noch genug zu entdecken bei unserem nächsten Besuch auf Kefalonia!

Gleichzeitig hat uns das Wetter gezeigt, wer hier das Sagen hat. So manche Tour blieb in der Schublade, weil Regenfronten oder Sturmböen schneller waren als unsere Pläne. Und je länger wir warteten, desto deutlicher wurde: Eine stabile Besserung ist nicht in Sicht.

Als sich dann plötzlich ein schmales Wetterfenster für genau einen Tag öffnet, zögern wir nicht lange. Die Chance ist zu gut, um sie verstreichen zu lassen. Also Leinen los – Messolonghi ruft. Dort wartet unser Winterhafen, ein ruhiger Zufluchtsort für die kommenden Monate. Und natürlich gibt es schon die erste Liste kleiner und großer Bootsarbeiten, die erledigt oder zumindest vorbereitet werden wollen. Zudem kennen wir die Stadt und die Umgebung schon etwas vom Besuch im Frühjahr (vgl. Berichte #34 und #35 – Griechenland 2024/25).

Samstag 22.11.2025 – Sami Hafentag – Wassermühlenwanderung

Regen am Morgen, am Vormittag, eigentlich am ganzen Tag nach Wettervorhersage und das zum Geburtstag der Skipperin! Der Skipper hatte sich redlich bemüht, zumindest einen Blumenstrauß aufzutreiben, aber in Sami ist dieses Unterfangen chancenlos. So beginnen wir den Tag langsam, kümmern uns um den Bericht und genießen ein fürstliches Frühstück. Gegen Mittag reißt der Himmel unerwartet auf – nach Regenradar für ca. zwei Stunden, also schnell die Chance nutzen und zu einer Wanderung in der Nähe aufbrechen. Die geplante Geburtstags-Wanderung im „Weintal“ ist zu weit weg, da verschenken wir zu viel regenfreie Zeit mit der Anfahrt. Der Skipper hatte von einer Wanderung entlang eines Flusslaufes mit Ruinen von sieben Wassermühlen vor den Toren Samis gelesen. Das sollte passen. Überall tropft und trieft es aus den Ästen. Den Wegen sieht man an, dass sie gerade noch als Nebenläufe des Flusses dienten: Haufen von Totholz und trockenen Blättern liegen überall herum. Aber die Stimmung ist wunderschön. Die Sonne lässt die Regentropfen glitzern und die Nässe bringt die Farben der steilen Felswände viel kräftiger zur Geltung. Und die Natur schenkt der Skipperin überall Herzen!

Entlang des Flusses schlängelt sich ein gut markierter Trampelpfad bis zu einer alten Steinbrücke. An den Zuflüssen zu diesem Fluss haben früher viele kleine Wassermühlen gestanden, von denen einige Ruinen noch zu finden sind. Wir verlassen den markierten Weg bei der alten Steinbrücke und folgen einem unmarkierten, aber auf Komoot eingezeichneten Pfad bis wir einen größeren Zufluss queren müssen. Dort treffen wir erneut auf einen markierten Pfad, der uns etwas oberhalb des Flusstales wieder in Gegenrichtung zu unserem Ausgangspunkt zurückbringen soll. Zwei Kilometer vor dem Ziel fallen die ersten Tropfen. Ein Blick ins Regenradar zeigt, dass es wenig Sinn hat, sich unterzustellen, denn es soll sich wieder einregnen. Also ziehen wir die Regenjacken über und marschieren weiter. Aus dem ersten Nieseln wird ein beständiger Regen und dann ein ausgewachsener Guss. So erreichen wir komplett durchnässt unser Auto. Zum Glück ist es nicht richtig kalt, aber in den nassen Klamotten wird es trotzdem schnell ungemütlich. An Bord wird alles in der Dusche aufgehängt, auch wenn hier im Moment nichts trocknet. Dazu ist es im Boot zu klamm. Aber in trockenen Klamotten und mit heißem Tee sind wir schnell wieder aufgewärmt.

Zum Abendessen lädt der Skipper das Geburtstagskind ins Restaurant „Farmhouse“ ein. Uns empfängt eine urige, mit Holz vertäfelte Gaststube, die eher an eine alpine Berghütte erinnert. Im gusseisernen Ofen lodert ein Feuer und verbreitet wohlige Gemütlichkeit. Eine lange Tafel und diverse Tische sind eingedeckt. Wir bekommen einen Tisch für zwei Personen mit Blick auf den nahen Ofen – wunderbar. Wir genießen ein leckeres Abendessen mit regionalem Wein, werden super freundlich bedient und bleiben die einzigen Gäste.

Zurück an Bord, klingelt Barbaras Wecker: eine Erinnerung, dass jetzt die Endrunde der Lady – Formationen bei der Deutschen Meisterschaft der Rock’n Roll Formationen beginnt. Hier startet Tochter Anna mit ihrer Formation „United Ladies“. In der Vorrunde erreichten Sie Platz 2, in der Endrunde beginnt nun die Formation mit den wenigsten Punkten in der Vorrunde. Annas Formation startet als vorletzte, die Spannung steigt., Erwartungsgemäß rutschen sie nach ihrer Darbietung auf Platz eins, aber die stärkste Konkurrenz betritt erst jetzt die Wettkampffläche. Wir drücken weiterhin die Daumen. Auch diese Formation performt gut – das wird eng! Wir können mitverfolgen, wie die einzelnen Wertungsrichter im System ihre Wertungen abgeben und die jeweilige Ampel am unteren Bildschirmrand von rot auf grün springt. Als alle grün angezeigt werden, rechnet das Programm und spukt das Endergebnis aus: Annas Formation gewinnt die Deutsche Meisterschaft. Wir jubeln mit den Mädels mit und stoßen auf sie an – so ein schönes Geburtstagsgeschenk am späten Abend!

Sonntag, 23.11.25 – Sami Hafentag – Wanderung im Weintal bei Valsamata

Die Wettervorhersage verspricht fünf Sonnenstunden, das reicht für eine Wanderung im Weintal. Um dorthin zu gelangen, müssen wir ca. die halbe Strecke nach Argostoli zurücklegen. Dann biegen wir nach Süden ab und fahren in das Tal von Valsamata, das auch als Geosite im Geopark ausgewiesen ist. Es handelt sich dabei um das größte karstische Tal der Insel und gleichzeitig um das Hauptanbaugebiet des Robolo-Weins. Das Tal füllte sich im Laufe der Erdgeschichte mit erodiertem Material der umliegenden Berge. Bei starkem Regen bildet sich regelmäßig ein größerer, bis zu zwei Meter tiefer See. Die Entwässerung des Tals erfolgt durch Dolinen im Gestein in ein im Nordwesten verlaufendes unterirdisches Kanalsystem, dass auch die Quellen der Koutavos-Lagune bei Argostoli versorgt. Außerdem gibt es hier im Tal mit dem Kloster des Heiligen Gerasimos den wichtigsten religiösen Ort der Insel, denn es beherbergt in einem silbernen Schrein den Körper des Heiligen Gerasimos, dem Schutzpatron der Insel.

Wir parken das Auto am Ortseingang von Valsamata und durchstreifen erstmal den Ort. Dabei wird schnell deutlich, dass hier viele Familien von der Landwirtschaft und dem Weinanbau leben, denn bei gefühlt jedem zweiten Haus sehen wir kleine Traktoren stehen. Aufgrund des vielen Regens, stehen einige Wege und Felder unter Wasser und wir suchen uns kleine Nebenstraßen zum Wandern, denn wir sind heute zum Teil mit leichterem Schuhwerk unterwegs – die ledernen Wanderschuhe des Skippers sind nach der gestrigen Tour noch nicht wieder einsatzfähig. Unser erstes Ziel ist das Kloster, das wir allerdings nur von außen betrachten, da hier gerade ein wichtiger Gottesdienst stattzufinden scheint. Zumindest ist die Zufahrtsstraße mit zahllosen PKWs und sogar Bussen zugeparkt.

Die kleine Straße bringt uns nun etwas bergauf zu den Ruinen des alten Dorfes Valsamata, das ebenfalls beim Erdbeben 1953 zerstört wurde. Auch diese Ruinen werden von Schafen bevölkert, die völlig unbeaufsichtigt durch die Gassen streifen. Von der damaligen Kirche stehen noch die hohen Außenmauern und auch der Glockenturm sieht noch recht vollständig aus. Der Friedhof um die Kirche weist auch jüngere Gräber auf, die Messen zur Beerdigung werden aber wohl in der kleinen neu errichteten Kapelle abgehalten. Wir versuchen die Ruinen etwas zu erkunden, werden aber von immer dichter wachsenden Brombeerranken daran gehindert. Also suchen wir uns einen sonnigen Picknickplatz, beobachten die Arbeiten in den Olivenhainen und machen uns dann auf den Rückweg zum Auto.

Auf unseren Wanderungen treffen wir oft auf Hunde, die uns von eingezäunten Grundstücken wild anbellen. Jedes Mal geht der Blick Richtung Grundstückstor, um uns zu versichern, dass es verschlossen ist. Das ist lange nicht immer der Fall und es ist kein Vergnügen, wenn diese wild bellenden und oftmals auch unfreundlich knurrenden Hunde plötzlich hinter uns auf dem Weg erscheinen. Wir versuchen sie dann immer mit freundlicher, aber bestimmter Ansprache auf Abstand zu halten. Bisher hat das zum Glück immer funktioniert. Heute kommt am Ortseingang aus einer offenen Gartenpforte ein junger, neugieriger und sehr freundlicher Hund herausgelaufen und adoptiert uns als seine Herde. Durch den ganzen Ort begleitete er uns und als wir uns stärker befahrenen Straßen nähern, springt er jedes Auto an. So lebt er definitiv gefährlich. Wir versuchen ihn mehrfach wieder zurück zu schicken, aber er bleibt bei uns. Kurz vor dem Auto treffen wir auf einen Griechen und versuchen ihm unser Problem zu schildern. Er versteht uns und bemüht sich, den Hund bei sich zu halten, aber ohne Erfolg. Unser junger Freund läuft uns weiter hinterher. Wir wissen uns nicht zu helfen und steigen ins Auto – er läuft nebenher. So zuckeln wir in Schrittgeschwindigkeit die ganze Strecke zurück bis in die Nähe seiner Heimat, bevor wir Gas geben und er uns ziehen lässt. Hoffentlich hat er unversehrt zurückgefunden!

Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher auf den Berg Ainos, den höchsten Berg der Insel. Als wir im Tal starten zeigt das Autothermometer 16 Grad. Wir schrauben uns höher und höher und haben anfangs noch tolle Ausblicke hinab in unser Wandertal. Auf gut 1000m Höhe zeigt das Thermometer nur noch 8 Grad. Dazu weht es recht kräftig. Wir kommen vorbei an mehreren „Lost Places“: hier oben wurde eine militärische Radarstation der Nato zur Überwachung des Mittelmeerraumes betrieben, die schon lange außer Betrieb ist. Das Gelände ist aber immer noch militärisches Sperrgebiet und das Betreten verboten. Wir fahren weiter bis zum Ende der Ausbaustecke kurz unterhalb des Gipfels, auf dem große Sendeanlagen (Rundfunk und Mobilfunk) stehen. Die Gipfelregion des Ainos ist ein Nationalpark. Wir fahren durch einen dichten Wald von Kefalonia Tannen, die die gesamte Gipfelregion bedecken. Diese Tannenart ist endemisch, tritt also nur hier auf Kefalonia auf. Früher wuchsen diese besonderen Tannen bis hinab zu den Ufern der Insel. Aber insbesondere die Venezianer holzten fleißig ab, weil sie das Holz zum Schiffbau benötigten. Erst 1824 wurde die Abholzung verboten und mit der Aufforstung begonnen. Dank der großen, schattenspendenden Tannen, ist die Gipfelregion ein beliebtes Ausflugsziel im Sommer. Die letzten 100 bis 200 Höhenmeter sind wir in den Wolken. Trotzdem steigen wir kurz aus. Die Betonung liegt auf KURZ, denn hier oben sind es nur noch 6 Grad und der Wind pfeift uns um die Ohren. Sehen können wir auch nichts, also schnell wieder ins Auto und die 15 Kilometer zurück bis zur Straße nach Sami.

Der Rückweg erscheint uns dabei, wie so oft, viel kürzer. Im Konditorei-Café gegenüber unserem Liegeplatz gönnen wir uns leckeren Kuchen samt doppelten Cappuccino, den wir im kurzzeitig sonnigen Cockpit genießen. Der Kuchen hat es kalorienmäßig genauso in sich, wie die Weihnachtsdeko im Café!

Montag, 24.11.2025 – Sami – Hafentag – wir bringen den Leihwagen zurück

Heute bis 11:00 Uhr muss unser Leihwagen zurück zum Flughafen. Werner versucht einen anderen Rückgabeort mit dem Vermieter zu vereinbaren, aber der springt darauf leider nicht an. Gerne hätten wir noch etwas Zeit in Argostoli gehabt, um uns die Stadt näher anzusehen. So wandern wir vom Flughafen wieder zurück nach Argostoli und haben gerade noch eine halbe Stunde, um uns zumindest die Lagune und die lange Fußgängerbrücke anzusehen. Beim Gemüsemarkt am Busbahnhof erstehen wir einen Kürbis – wir haben Lust auf eine Suppe. Morgens war es noch sehr frisch und wir hatten mehrere Lagen Bekleidung angezogen, derer wir uns dann auf der Wanderung Schicht für Schicht wieder entledigt haben. Nun scheint die Sonne von einem blauen, mit weißen Schäfchenwolken geschmückten Himmel.

Als wir nach knapp einer Stunde Fahrt wieder in Sami ankommen, bereiten wir als erstes Venga! auf die für morgen geplante Segeltour nach Messolonghi vor. Das Dinghi soll auf das Vordeck, denn es stört beim rückwärts anlegen, wenn es an den Davids hängt. Dazu müssen wir erstmal das ganze Regenwasser ausleeren, es hat sich in eine Badewanne verwandelt! Ein Anheben am Bug ist ausgeschlossen, viel zu schwer. Mit dem Spinnackerfall über die Winsch klappt es dann aber doch. Von unten hat sich schon ein leichter „Glibberfilm“ angesetzt. Wir putzen grob drüber und verschnüren es dann gut, damit es von Wind und überkommender Welle nicht verrutschen kann (das stellt sich noch als sehr Weise heraus!). Als nächstes werden die Fahrräder eingepackt und verstaut und der Großbaum wieder mit der Großschot verbunden. Auch unter Deck gibt es so einige Dinge zu sichern, insbesondere die Vorratsschubladen und den Getränkeschrank, damit in der Welle nichts durch die Gegend fliegt. Außerdem sammelt sich bei uns auf allen Ablagen immer jede Menge „Gedöns“ an, wenn wir im Hafen liegen, auch das muss alles verräumt werden.

Abends kocht die Skipper/in eine große Portion Kürbissuppe in einer Gemeinschaftsaktion. So haben wir vielleicht morgen unterwegs ebenfalls eine warme Suppe, wenn es ungemütlich und kalt werden sollte. Wir gehen früh in die Koje, denn morgen wollen wir möglichst mit Sonnenaufgang starten. Jedes der Wettermodelle geht von zunehmenden Winden am Nachmittag aus und auch die Regenwahrscheinlichkeit ist hoch. Wir wollen so schnell wie möglich zum Ziel kommen.

Dienstag, 25.11.2025 – Sami – Messolonghi – 40 Seemeilen

Wir werden früh wach, machen unseren Kaffee und klaren den Rest auf. Die Wettervorhersage ist nicht eindeutig. Ein Wettermodell sagt in der ersten Hälfte der Tour nahezu Flaute und dann in der zweiten Hälfte gut segelbaren Wind aus Südwest voraus. Ein zweites Model sieht anfangs gut segelbaren Wind aus Südwest, der dann in der zweiten Hälfte ordentlich auffrischt auf bis zu 30 Knoten, ebenfalls aus Südwest.

Als wir um Viertel vor acht den Hafen verlassen, ist es windstill und die See platt. Wir laufen unter Maschine erst auf Kurs Ostnordost, dann Richtung Süd bis wir gut von der Südspitze von Ithaka freibleiben. Dann gehen wir auf den Ostkurs Richtung Messolonghi. Wind haben wir die ersten 1,5 Stunden nicht. Dann setzt er plötzlich und kräftig aus Ost ein – genau von vorne. Gleichzeitig kommt eine steile Welle wie aus dem Nichts ebenfalls aus Ost. Venga! stampft gegen an, verliert aber deutlich an Fahrt. Wir sehen statt vorher 6 Knoten nur noch 3,5 Knoten Fahrt über Grund. Das „Spektakel hält zum Glück nicht allzu lange an, dann dreht der Wind südlicher. Wir setzen das Groß im ersten Reff zur Unterstützung und kommen so motorsegelnd gut in gewünschter Richtung voran. Hinter uns bauen sich Wolkenberge auf, vor uns Wellenberge. Es beginnt zu grummeln und zu blitzen. Daher beschließen wir beim Motorsegeln zu bleiben, auch als wir ein paar Grad abfallen können. Hier draußen hält uns nichts – wir wollen so schnell wie möglich ankommen. Unsere Freunde mit der Isabelle af Wisby haben die Nacht vor Anker etwas nördlich verbracht und müssen nun erstmal direkt gegen Wind und Welle nach Süden ankämpfen. Mit der Najad 343 kein Spaß. Ihre Entscheidung, eine vermeintliche Abkürzung zwischen einer Insel und dem Festland zu wählen wird direkt bestraft, da dort durch Düsen- und Strömungseffekte noch mehr Wind und Welle stehen.

Als wir die Einfahrt von Messolonghi erreichen, holen wir das Groß runter. Im Kanal ist plötzlich kaum noch Wind – wir fühlen uns etwas veräppelt. Über VHF Kanal 69 rufen wir die Marina an und bekommen die Rückmeldung, Platz E10 sei für uns reserviert. Schade nur, dass die Brücken nicht markiert sind – welche ist Pier E? Mit langen Hälsen suchen wir die Brücken ab. Endlich machen wir einen winkenden Marinero aus und wissen nun , wohin wir müssen. Der Skipper legt ein perfektes römisch-katholisches (Rückwärts an die Brücke) Anlegemanöver hin – der Einsatz des Bugstrahlruders ist allerdings unabdingbar, um in die kleine Lücke einzuparken. Wir sind glücklich, als wir sicher liegen, klaren auf und marschieren zur Anmeldung ins Marinagebäude, wo uns eine freundliche Angestellte empfängt. Wir sind sechs Tage zu früh hier und bezahlen für diese Tage zusätzliche 83€, was für uns absolut ok ist. Kaum sind wir fertig einklariert, wird Landstrom angelegt und eine schöne heiße Dusche im sehr sauberen und ordentlichen Sanitärgebäude genossen. Allein dafür hat sich die heutige Überfahrt gelohnt. Aber es bleibt ein trauriger Nachgeschmack. Wir wären so gerne gesegelt, fühlten uns heute aber in der Situation einfach nicht wohl.

Die Isabelle erreicht Messolonghi ca. eine Stunde nach uns, klariert ebenfalls ein und dann kommt die Crew auf ein Anlegegetränk vorbei. Gegenseitig berichten wir von den heutigen Erfahrungen. Auch die Crew der Isabelle hat den Törn als Kampf empfunden und sich nicht wohlgefühlt. Das ist ein kleiner Trost.

Zum Abendessen wärmen wir die Kürbissuppe auf – unterwegs hatte keiner von uns Lust auf Essen. Dazu zaubert Werner noch einen schönen griechischen Salat mit Hühnchen-Topping. Im Anschluss geht es ziemlich schnell ins Bett – wir sind durch!

Mittwoch, 26.11.2025 – Messolonghi – Hafentag – Die Bootsarbeiten beginnen

Die Nacht war absolut ruhig und weil wir so früh im Bett waren, wachen wir auch früh auf. Der Sonnenaufgang kündigt sich gerade schwach an. Im Hafen ist es sehr ruhig und das Boot bewegt sich kaum. Da kommt einem die Erinnerung an den gestrigen Tag wie ein schlechter Traum vor.

Nach dem Morgenkaffee beginnt Werner mit den Bootsarbeiten. Als erstes ist ein Ölwechsel dran, der erste für uns auf Venga!. Vorher schaffen wir die Räder an Land, denn hier in Messolonghi sind die Wege in den Ort lang. Während Werner sich an Bord „vergnügt“ macht Barbara sich auf zur Einkaufstour. Auf der Isabelle af Wisby segelt neben dem Eigner Johann seine australische Freundin Candy, die seit vielen Jahren in Amerika lebt. Donnerstag ist für sie Thanksgiving (einer der wichtigsten Familien-Feiertage in den USA) und das wollen wir gemeinsam mit einem „Pottluck“ feiern. Barbara macht sich daher auf die Suche nach Putenkeulen, denn für einen ganzen „Turkey“ ist der Ofen an Bord zu klein. Obwohl sie fünf Metzgereien in der Stadt abklappert, kommt sie am Ende doch nur mit Hähnchenkeulen zurück. So kurzfristig und zu dieser Zeit ist in der ganzen Stadt keine Putenkeule aufzutreiben.

Währenddessen hat Werner den Ölwechsel erledigt – dauerte deutlich länger als erwartet, da das Öl über das Röhrchen des Ölmessstabes abgesaugt werden musste. Aber letztlich hat es geklappt, das ist die Hauptsache und beim nächsten Mal geht’s dann sicherlich schneller! Auch den Dieselvorfilter hat er nach der Dieselpest im Frühjahr getauscht – war auch höchste Zeit – wieder verdreckt, obwohl der Kontrollblick in den Tank keinen Hinweis auf Dieselpest gab. Wahrscheinlich waren das noch Verschmutzungsreste in den Zuleitungen. Also kommt das gleich wieder auf die Checkliste für das slippen im Frühjahr.

Während Barbara für morgen den Rotkohl kocht, nimmt Werner das nächste Projekt in Angriff: ein neues Energiemanagement für Venga! zu planen. Dazu müssen erstmal einige Komponenten demontiert werden und dann starten die Überlegungen, was zukünftig wo und in welchem Umfang installiert werden soll. Das Hirn qualmt. Sohn Markus unterstützt aus der Ferne – Danke.

Abends gönnen wir uns mit der Isabelle-Crew ein Abendessen am Stadtpier im Restaurant Alatiera, in dem wir schon im Frühjahr hervorragend gegessen haben während eine Gewitterfront über uns hinwegzieht. Aus einem sicheren Gebäude heraus betrachtet man dieses Naturschauspiel mit deutlich mehr Genuss, als aus dem Salon eines Bootes am Ankerplatz! Als es uns zurück zum Boot zieht, öffnet der Himmel seine Pforten, kaum dass wir unsere Räder ergriffen haben. Wir flüchten schnell wieder unter Dach und warten ein paar Minuten. Dann folgt der nächste Anlauf. Wir schaffen die halbe Strecke bevor uns wieder dicke Tropfen zu einem Stopp zwingen. In der nächsten Regenpause treten wir kräftig in die Pedale, ignorieren die riesigen Pfützen und schaffen es vor dem nächsten Wolkenbruch an Bord. Es ist nicht wirklich kalt, aber die Feuchtigkeit und das Pfeifen des Windes in den Masten der Boote in der Marina, verstärken das ungemütliche Gefühl. Sowohl vom nationalen Warndienst, als auch von der Marina bekommen wir einen Warnhinweis für schlechtes Wetter in der Nacht mit starken Winden, sehr starken Regenfällen und Gewittern. Im letzten Herbst hatten wir eindeutig besseres Wetter! Wir erinnern uns gegenseitig daran: Im Vergleich zum Wetter zuhause, haben wir es trotzdem gut getroffen! (tiefste Tageswerte waren bisher 16 Grad!)

Donnerstag, 27.11.2025 – Messolonghi – Hafentag – Workshop und Thanksgiving

Das schlechte Wetter hält sich, weiterhin ziehen Regen- und Gewitterschauer über uns hinweg. Werner nimmt die Batteriebank auseinander und stellt diverse Überlegungen für den Umbau an. Die Maße des Batteriefaches sind vorgegeben. Zurzeit beherbergt es zwei AGM-Verbraucherbatterien mit einer Gesamtkapazität von 420 Ah und die Starterbatterie. Zukünftig sollen dort nun Lithium-Batterien mit einer Gesamtkapazität von 600 Ah untergebracht werden. Die Starterbatterie muss dafür umziehen. Auch sollen die notwendigen Regler einen besser zugänglichen Platz bekommen. So ist der Skipper stundenlang damit beschäftigt, im Internet nach den passenden Batterien zu recherchieren und abzuwägen, welche zusätzlichen Parameter dabei welche Priorität bekommen sollen: Bluetooth-Fähigkeit, Temperatursensoren, Außenmaße.

Barbara widmet sich derweil dem längst überfälligen Großputz des Bootes. Am Nachmittag besuchen wir den „Skipper-De-Stress-Workshop“ zum Thema „Plumbing on Board“, der sich nicht nur mit Sanitärinstallationen, sondern auch mit allen anderen vorhandenen Schlauchproblemen an Bord beschäftigt. Der Workshop läuft in englischer Sprache und so lernen wir nebenbei auch jede Menge neuer Vokabeln.

Im Anschluss sind wir mit unseren Freunden von der Isabelle af Wisby zum Thanksgiving-Essen verabredet. Candy, gebürtige Australierin, hat viele Jahre in Amerika gelebt und dieses Familienfest fehlt ihr sehr hier in der Ferne. Aus Platzgründen findet es bei uns an Bord statt, aber wir haben die Zubereitung der Speisen aufgeteilt. Als Vorspeise gibt es spanischen Jamon Serano, spanischen Machegokäse, griechische Oliven, Oliventapenade, belgische Salami und Baguette mit Paxos-Olivenöl und Messolonghi-Salz zum griechischen Champagner. Es folgt eine Kürbis-Curry-Suppe nach amerikanischem Rezept bevor wir den Hauptgang aus Hähnchenschenkeln mit deutschem Rotkohl und amerikanischem Kartoffelgratin genießen. Das Dessert bildet eine deutsche Mascarpone-Schichtspeise und ein wirklich mächtiger US-Schokoladenkuchen. Danach brauchen wir unbedingt griechischen Ouzo! Es ist ein rundum schöner Abend und die Zeit verfliegt bei leckerem Essen und guten Gesprächen wie im Flug und nebenbei verfliegt auch das Gefühl, sich im „Bootsgefängnis“ zu befinden, dass sich bei andauernd schlechtem Wetter unweigerlich nach einigen Tagen einstellt.

Freitag, 28.11.2025 – Messolonghi – Hafentag – Kennenlernen der Hafen-Community und Livemusik

Eine Wetterbesserung ist auch heute nicht in Sicht. Die Vorhersage verspricht uns zwar eine Sonnenstunde, aber es wird schnell klar, dass es diese nicht im Stück gibt. Eine erste Regenpause nutzen wir für einen Besuch des wöchentlich an der Marina haltenden Gemüse-und Obstwagens. Wie sich herausstellt, gibt es aber nur Mandarinen, Eier, Oliven und Olivenöl. Wir kaufen einen Beutel saftig-süßer Mandarinen.

Die zweite Regenpause nutzen wir für den Besuch der Hafenpolizei, um dort unsere Bootspapiere abzugeben. Dadurch sind wir nicht mehr verpflichtet die Crusing-Steuer „eTepai“ zu bezahlen, denn Venga! liegt nun stationär in der Marina. Wir zahlen hier ca. 400€ monatlich für den Liegeplatz,sparen uns so aber die etepai in Höhe von 105€.

Den Rest des Tages verbringt die Skipperin mit dem Sortieren ihrer Fotos, denn da ist so einiges liegengeblieben, während der Skipper sich weiter in das Thema „Energiemanagement“ einarbeitet. Währenddessen geht draußen die Welt unter. Eine Gewitterfront zieht direkt über die Marina. Candy sitzt in der Laundry und sieht einen Blitz kurz hinter der Marina einschlagen – ihre Haare knistern. Am nächsten Tag erfahren wir, das vier junge Soldaten beim Baden durch einen Blitz verletzt wurden…

Jeden Freitag findet in der Taverne „Skippers“ auf dem Marina Gelände ein Abend mit Happy Hour, gemeinsamem Abendmenü und Livemusik statt. Wir haben schon seit einigen Wochen regelmäßig davon in der WhatsApp-Gruppe gelesen. Heute haben wir erstmals die Gelegenheit daran teilzunehmen.

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